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Berlin: „Die meisten Ausländer sind sehr gut integriert“ Gescheiterte Integration? Neuköllns Bürgermeister Buschkowsky erntet Widerspruch von allen Seiten

Die Parteifreunde in der SPD finden seine Äußerungen „verheerend“. Die Grünen kritisieren sie als „Kapitulation“.

Die Parteifreunde in der SPD finden seine Äußerungen „verheerend“. Die Grünen kritisieren sie als „Kapitulation“. Die CDU sagt, sie habe die Zustände ja schon immer angeprangert. Und in der PDS mischen sich Zustimmung und Widerspruch. Die Äußerungen des Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) über die seiner Ansicht nach gescheiterte Integration von Teilen der ausländisch-stämmigen Bevölkerung Berlins haben eine erregte Debatte ausgelöst.

Buschkowsky hatte gestern im Tagesspiegel Parallelen zu den Niederlanden gezogen, in denen ein islamistischer Mord und mehrere andere Anschläge das Zusammenleben von Muslimen und Christen überschatten. Zwar stimmen Politiker aller Parteien Buschkowskys Zustandsbeschreibung generell zu. Über Ursachen und Konsequenzen gehen die Meinungen allerdings weit auseinander.

„Es gibt wie in Holland auch bei uns Integrationsprobleme – aber wenn man jetzt die Taten einiger Spinner und Terroristen hochspielt, diskreditiert man die gelungene Integration der Mehrheit der Muslime bei uns“, sagt der migrationspolitische Sprecher der SPD im Abgeordnetenhaus, Thomas Kleineidam. Von offiziell registrierten 400 000 aus dem Ausland stammenden Berlinern sei ein Großteil sehr wohl gesellschaftlich integriert.

Dass vor allem Migranten aus ärmeren, eher bildungsfernen Regionen Probleme hätten, sei zwar richtig. Das liegt Kleineidam zufolge jedoch nicht am fehlenden Integrationswillen, den Bürgermeister Buschkowsky beklagt hatte, sondern an den jahrelangen Versäumnissen der Politik. Als Beispiel nennt Kleineidam fehlende schulische Angebote für Ausländer und das Verbot für Flüchtlinge, hier eine Arbeit aufzunehmen – was jetzt dank neuer Zuwanderungs- und Schulgesetze langsam geändert werde.

Auch nach Ansicht des grünen Schul- und Migrationspolitikers Özcan Mutlu, der in der Türkei geboren wurde und in Berlin aufwuchs, sind vor allem Politik und Gesellschaft gefordert, Migranten bessere Angebote zu machen. Reformen wie die jetzt geplanten Sprachtests und Förderangebote für Kinder aus ausländischen Familien begrüßt Mutlu. Allerdings müsse der Senat die Ausstattung der Schulen und Kitas entsprechend verbessern. „Wir dürfen nicht mit dem Finger auf die Migranten als die Schuldigen zeigen, sondern müssen ihnen wirkliche Chancengleichheit bieten“, sagt Mutlu.

Kreuzbergs CDU-Chef Kurt Wansner fühlt sich durch Buschkowskys Kritik in seiner Meinung bestätigt, dass man offener darüber reden muss, wie man mit Problemen umgeht. „Ich erwarte vom Senat mehr Initiativen.“ Das von Buschkowsky beschriebene Szenario à la Niederlande hält der CDU-Mann aber für übertrieben.

Eine „Ghettoisierung“ in Teilen der Stadt beklagt Evrim Baba, in der Türkei geborene und in Berlin aufgewachsene PDS-Abgeordnete und Neuköllner Parteichefin. Sie teilt die negative Zustandsbeschreibung ihres Bürgermeisters. Die Analogie zu Holland findet sie aber „schädlich“. Statt die Abschottung arabischer und türkisch-kurdischer Bevölkerungsgruppen zu dramatisieren, müsse das Land vor allem Jugendlichen bessere Perspektiven bieten. Eine Mitschuld an der Entfremdung sieht Baba auch bei den Migrantenfamilien. Immer öfter untersagten muslimische Eltern ihren Töchtern, am Biologie- und Schwimmunterricht oder an Klassenfahrten teilzunehmen. Dagegen helfen jedoch keine Zwangsmaßnahmen, findet die PDS-Politikerin, sondern Überzeugungsarbeit. Die erhofft sie sich zum Beispiel von der Arbeitsgemeinschaft Schule und Islam, die derzeit im Parlament geplant wird.

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