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Berlin: Die Nähe zur Macht ist nicht immer opportun Warum das Bundeskriminalamt

in Wiesbaden bleiben sollte. Von Hans-Ludwig Zachert

In der wechselvollen Geschichte der Bekämpfung der terroristischen Gewaltkriminalität durch das Bundeskriminalamt hat es schon mehrfach Verlagerungen von Bonn nach Wiesbaden und später wieder zurück gegeben. Jedes Mal hatten die Verlagerungsaktionen nicht unerhebliche betriebliche Störungen nach sich gezogen. Es hat auch ernst zu nehmende familiäre und existentielle Probleme gegeben. Natürlich spielen letztere bei einer überragenden strategischen Ministerentscheidung, die durch die Sicherheitssituation erforderlich ist, vielleicht nur eine zweitrangige Rolle, wenn die strategische ganz überragend voransteht.

Liegt dieser Fall zwingend hier vor? Im HightechZeitalter der Kommunikation kann von jedem entsprechend technisch ausgestatteten Ort in Bild und Ton eine Direktverbindung wo immer auch hin hergestellt werden. Der Rapportstil, der das persönliche Erscheinen des Behördenleiters notwendig macht, sollte nur in ganz besonderen Fällen praktiziert werden.

In nahezu 50 Jahren hat in der Zeit der so genannten „Bonner Republik“ die Distanzsituation, nämlich die Regierung in Bonn und das BKA in Wiesbaden, keine Rolle gespielt. Es hat sich jahrzehntelang bewährt, dass das BKA in Wiesbaden quasi auf halbem Wege zwischen der Regierung in Bonn und der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe angesiedelt war. Ausdrücklich ist darauf hinzuweisen, dass in den politischen Großverfahren, die das BKA im Auftrag der Bundesanwaltschaft bearbeitet, allein der Generalbundesanwalt die Verfahrenshoheit hat. Er ist also der Hauptansprechpartner des BKA.

Das BKA ist auch, anders als der Bundesnachrichtendienst, eine Polizeibehörde von zentraler Bedeutung für Bund und Länder – und sollte daher lieber in Wiesbaden bleiben. Die unmittelbare Nähe zur politischen Machtzentrale in Berlin dürfte aus vielerlei Gründen für das BKA nicht immer opportun sein. Denn ein Großteil der sensiblen Daten des BKA sind originäre Daten der Bundesländer. Manch ein Bundesland – auch mit anderer Couleur als der Bund – wird möglicherweise sehr viel zurückhaltender mit der Informationsanlieferung zum BKA sein, wenn die „politische Nähe“ zum Dienstherren in Berlin allzu eng und unmittelbar ist. Der jetzige BKA-Präsident als politischer Beamter hat in dieser Eigenschaft nicht den Schutz und die Sicherheit, bei Meinungsverschiedenheiten erfolgreich standzuhalten. Er kann jederzeit entlassen werden.

Hans-Ludwig Zachert (66) war von 1990 bis 1996 Chef des Bundeskriminalamts. Foto: dpa

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