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Berlin: Die Pfarrer wollen es wissen

Bislang lässt die katholische Kirche ihre Priester und Gläubigen über das Ausmaß der Finanzkrise im Ungewissen

Redet mit uns, sagt uns endlich die Wahrheit. So lautet der Appell, den katholische Pfarrer in Berlin an die Leitung ihres Erzbistums richten. „Wir wünschen uns, dass endlich ein Gesprächsangebot kommt“, sagt Pater Motter von St. Clara in Neukölln, „und dass die Konsequenzen klar ausgesprochen werden.“ Als Sprecher des Priesterrates kennt er die Ängste, die die Finanzkrise des Erzbistums bei den Pfarrern ausgelöst hat. Solange niemand Genaues wisse und nur Gerüchte kursierten, würden die Befürchtungen von Tag zu Tag wachsen. Um auf die Pfarrer zuzugehen, hat das Ordinariat jetzt die 19 Dekane des Bistums zu einer außerordentlichen Konferenz einberufen. Sie ist für den 4. März angesetzt. Im Anschluss sollen die Dekane zusammen mit je einem Bistumsmitarbeiter die Pfarrer ihres Dekanats einbestellen und sie über die Situation informieren.

Man habe zwar seit Jahren gewusst, dass es um die Finanzen des Bistums nicht gut stehe, sagen mehrere Pfarrer, die nicht mit Namen genannt werden wollen, schließlich gebe es schon lange kein Weihnachtsgeld mehr. Aber dass es so weit komme, dass Leute entlassen werden müssen, das habe keiner geglaubt. Pater Schöning von der Heilig-Geist-Kirche in Charlottenburg ist „bestürzt und erschrocken.“ Er sei „total aufgelöst“, diese Summe von 148 Millionen Euro Schulden habe in regelrecht erschlagen. „Wer kann da noch eine Lösung finden?“ Es seien ja alle Kassen leer, durch tarifrechtliche Bestimmungen dem Bistum in vielen Bereichen die Hände gebunden, man stehe vor einer Wand.

Dass der Kardinal die Verantwortung für das Desaster übernehmen und zurücktreten soll, ist für die Pfarrer aber kein Thema. Natürlich habe er als derjenige an der Spitze der Hierarchie formal die Verantwortung zu tragen, heißt es. Aber „man will dem armen alten Mann nicht in den Rücken fallen“, sagt ein Pfarrer. Pfarrer Motter und viele andere fragen sich allerdings, welcher seiner Berater ihn derart schlecht beraten habe, dass man das Finanzloch über die vergangenen Jahre haben sehenden Auges wachsen lassen. Deshalb ist nicht nur Pfarrer Motter froh, dass mit den McKinsey-Mitarbeitern Betriebswirte von außen das Bistum durchleuchten. Der Name McKinsey ist in der katholischen Kirche nicht unbekannt, die Düsseldorfer Berater waren auch schon in anderen Bistümern, etwa in Essen und Osnabrück und bei der Caritas in München.

Claudia Keller

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