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Umweltzone

© Imago

Die Polizei kontrolliert: Plakettenschwindel bei der Umweltzone

Kurz vor der Verschärfung der Umweltzone hält die Polizei offenbar gezielt Ausschau nach falschen Feinstaubplaketten. Nach Tagesspiegel-Informationen sind kürzlich mehrfach gezielt ältere Lieferwagen - also typische Kandidaten für die ab Januar ungültigen roten und gelben Plaketten - kontrolliert worden.

Zugleich zeichnet sich ein Ansturm auf die Bezirksämter ab, weil die Industrie mit der Lieferung bestellter Partikelfilter nicht nachkommt und viele "gelbe" Diesel deshalb erst nach dem Jahreswechsel auf "grün" nachgerüstet werden können. Deshalb brauchen sie nun dringend eine (25 Euro teure) Ausnahmegenehmigung - und sei sie nur für wenige Tage bis zum Einbautermin des Filters. Sonst drohen 40 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg. Für die Ausnahme wiederum muss die Werkstatt ein spezielles Formular ausfüllen.

Für einen Tagesspiegel-Leser endete eine Kontrolle mit einer Anzeige wegen Urkundenfälschung und der Erkenntnis, dass er sich dringend ein neues Auto kaufen muss. Denn der Beamte hatte der grünen Umweltplakette am Auto des Mannes misstraut, einem als Lkw zugelassenen Opel-Kleintransporter. Mit Polizeibegleitung ging es zur nächsten Prüfstelle, wo der Meister feststellte: Das acht Jahre Auto hat keinen Rußfilter und darf deshalb statt der grünen nur eine gelbe Plakette haben. "Da hat sich offenbar vor zwei Jahren jemand in der Werkstatt geirrt", sagt der Betroffene.

Polizei: Nur Einzelfälle

Die Polizei teilte auf Nachfrage mit, es handele sich um "Einzelfälle" und gebe auch keine entsprechenden Schwerpunktkontrollen. Dagegen sagt ein Prüfstellenleiter: "Die Polizei ist massiv hinterher." Und: "Ich schreibe pro Monat etwa drei, vier Mal in meine Prüfberichte, dass ich die Erteilung der Plakette für bedenklich halte", sagt der Mann, der nach eigener Auskunft jährlich mehr als 2000 Fahrzeuge prüft. Er hält für möglich, dass etwa jeder fünfte alte Transporter mit falscher Plakette herumfährt. Da sich auf den meisten Plaketten keine Information zur Ausgabestelle findet, sei kaum aufzuklären, wie der vermeintliche oder tatsächliche Irrtum zugunsten des Autofahrers zustande kam.

Andere, die sich getreu der vom Senat ausgegebenen Parole "Nachrüstung geht vor Ausnahme" verhalten, warten monatelang auf Filter. "Allein in meinem Betrieb mussten wir 75 Mercedes-Sprinter in den Januar schieben", sagt Anselm Lotz, Vorstand und Sprecher der Kfz-Innung. "Die Werkstätten stehen Gewehr bei Fuß. Aber die Filterhersteller haben hoch gepokert und verprellen jetzt die Kunden." Etwas Entspannung verspricht die jetzt erklärte Absicht der Bundesregierung, die Nachrüstung privater Autos auch im nächsten Jahr zu fördern. Bisher war der Zuschuss von 330 Euro aufs Jahr 2009 befristet, aber der 66 Millionen Euro schwere Fördertopf des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) ist noch zu drei Vierteln gefüllt. Außerdem will die Bundesregierung die Förderung auf leichte Nutzfahrzeuge ausweiten, die bisher keinen Vorteil hatten. Schwere Lastwagen profitieren im Fall einer Nachrüstung bereits von einer verringerten Maut. Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) will sich beim Bund dafür einsetzen, dass die Förderung auch rückwirkend gewährt wird, damit Unternehmer, die sich rechtzeitig gekümmert haben, am Ende nicht benachteiligt werden. Zum drohenden Ansturm auf die Ämter heißt es in der Umweltverwaltung: "Wir sind in Kontakt mit den Bezirken und haben vereinbart, dass die Bearbeitung der Ausnahmen Priorität haben soll." Eine Schonfrist wie zum Start der Umweltzone Anfang 2008 sei aber nicht geplant.

Informationen und Formulare online: www.berlin.de/umweltzone

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