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Berlin: Die Quoten stehen gut für illegale Wetten

Der Senat hat erst vier von 300 privaten Wettbüros geschlossen. Viele wehren sich mit Rechtsmitteln gegen das Verbot

Wetten, dass Deutschland ins Finale kommt? Seit die Begeisterung für die Weltmeisterschaft kaum noch Grenzen kennt, gibt es in Berlin auch keine wettfreien Zonen mehr. Tipps im Freundeskreis oder am Arbeitsplatz haben Konjunktur. Auch die privaten Wettbüros in der Stadt freuen sich über steigende Umsätze. Dabei wollte der Berliner Senat ihnen das Geschäft eigentlich noch vor dem Endspiel verderben. Doch die Wetten stehen schlecht für das Vorhaben: Die Erfolgsaussichten sind gering.

An vier Adressen hat das Ordnungsamt, oft begleitet von Polizeibeamten, zwar bereits private Wettbüros geschlossen. Doch das dürften Ausnahmen bleiben. Viele professionelle Wettanbieter haben ihre Rechtsanwälte eingeschaltet. Und die finden offenbar Gehör beim Berliner Verwaltungsgericht. „Alle unsere Mandaten haben Widerspruch gegen die Schließungs- oder Untersagungsverfügung des Landesamtes eingelegt“, sagt Jusuf Kartal. Der Rechtsanwalt vertritt in Berlin ein Dutzend Betroffene. Kartal zufolge könnten nur solche Wettbüros geschlossen werden, die Einspruchsfristen versäumt hätten oder überhaupt keine rechtlichen Schritte unternähmen.

Denn die verfügte Schließung der Büros ist umstritten. Zwar beruft sich Berlin auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach das Verbot privater Wettbüros im Grundsatz bestätigt wurde. Die obersten deutschen Richter schränkten zugleich aber ein: Gegenwärtig ist das Verbot nicht rechtmäßig. Denn der staatliche Wettanbieter Oddset unternehme selbst auch nicht genug im Kampf für den Jugendschutz und gegen die Spielsucht. Mit der Bekämpfung dieser Gefahr war das staatliche Monopol bei der Annahme von Wetten aber begründet worden.

„Solange wir Argumente gegen das Verbot haben, werden wir keines unserer Büros schließen“, sagt Michael Wondera. Er ist Geschäftsführer der Cashpoint Sportwetten. Die Firma führt 250 Wettbüros, 20 davon in Berlin. Dafür hat die Cashpoint Lizenzen von Österreich und Malta bekommen. Deshalb beruft man sich nun auf die Niederlassungsfreiheit nach EU-Recht. Demnach könne jeder Unternehmer innerhalb des Binnenmarktes ohne Einschränkungen seine Dienstleistungen anbieten. Über dieses Recht hatte das Bundesverfassungsgericht nicht befunden. Deshalb wollen die privaten Wettanbieter nun mit dieser Argumentation erneut den Gerichtsweg bestreiten. Solange kein rechtskräftiges Urteil ergangen ist, bleiben die privaten Wettbüros offen – hoffen die Betreiber.

„Diese Begründung wird von unserer Seite nicht anerkannt“, sagt Matthias Kolbeck. Er ist Sprecher bei der für die Schließungen zuständigen Senatsverwaltung für Finanzen. „Die Wettbüros sind nach dem Bundesverfassungsgerichts-Urteil illegal“, sagt Kolbeck. Deshalb müsse jede der etwa 300 Annahmestellen mit Zwangsmaßnahmen rechnen. Die Schließungen würden nach und nach fortgesetzt. Einige Bürobetreiber würden sich aber juristisch zur Wehr setzen.

Laut Süddeutscher Zeitung wollen sich die Länder mit allen Mitteln gegen die Liberalisierung des Wett- und Lotto-Marktes wehren. Sonst drohten den Ländern jährlich Verluste in Höhe von fünf Milliarden Euro an Steuern, Abgaben und Gewinnausschüttungen.

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