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Schriftkünstler. Schon bei der Premiere in Tokio war Johnny Depps Autogramm hochbegehrt. Vor dem Cinestar am Potsdamer Platz dürfte dies kaum anders werden. Schon am Freitagvormittag versammelten sich dort die Fans. Foto: AFP

© AFP

Berlin: Die Rothaut in mir

Johnny Depp hat ein Herz für Indianer. Gemeinsam mit Armie Hammer, Darsteller der Titelfigur, feierte er die Premiere von „Lone Ranger“.

Eines der Hauptprobleme einer durchschnittlichen Filmpremiere ist der rote Teppich. Oder genauer: Es gibt nur einen Teppich für alle. Über den schreiten ganz oben in der Premierenhierarchie zuständigkeitshalber die Stars des jeweiligen Films, aber eben nicht nur sie, zum Leidwesen der Kameraleute und Fotografen. Immer wieder verirren sich Unberufene vor ihre Objektive, zwar offiziell eingeladene, doch namenlose Filmfreunde oder auch nur Glamoursüchtige, die mitunter erst durch lautstarkes Ermahnen das Feld räumen. Wenn es ganz schlecht kommt, winken sie sogar noch in die Kameras.

Wie gesagt, ein permanentes choreografisches Problem, und dabei ist die Lösung doch so einfach, am Potsdamer Platz wurde es am Freitagabend bewiesen. Die Hauptpersonen diesmal: die Zentralbesetzung des Disney-Westerns „Lone Ranger“, Armie Hammer als Titelfigur und Johnny Depp als sein indianischer Gefährte Tonto, dazu ihre Kollegin Ruth Wilson, Regisseur Gore Verbinski und Produzent Jerry Bruckheimer – schon sie hinreichend Kamerafutter also. Doch die Wand mit dem Filmtitel und dem einen oder anderen -motiv, sonst stets am Rand des roten Teppichs platziert, als werbewirksamer Hintergrund für die davor posierenden Stars, war diesmal mitten auf den Teppich gepflanzt worden. Dadurch ergab sich ein breiter roter Streifen davor, der Star-Track sozusagen, und ein schmalerer dahinter, für alle, die lieber unbemerkt und vor allem unfotografiert ins Cinestar huschen wollten oder sollten.

Obwohl viele Gäste selbst ohne Promifaktor den Fotografen und den überdurchschnittlich zahlreichen Schaulustigen diesmal einiges zu bieten hatten. Viele hatten sich à la Wild West kostümiert, man sah Cowboys, Sheriffs, Saloon-Damen und sogar Indianer. Sie dürften sich wohl in Disneys Auftrag herausgeputzt haben. „Lone Ranger“ also. Eine Figur der amerikanischen Massenkultur, 1933 erstmals in einer Hörspielreihe aufgetreten, wonach sie rasch andere Genres eroberte und über die TV-Serie „Die Texas Rangers“ auch in deutsche Wohnzimmer fand. Heimisch geworden ist sie dort nicht, anders als in den USA, und doch ist der Film gerade dort, nun, man muss es so deutlich sagen, gefloppt. Das spielte auch in die Pressekonferenz immer mal wieder rein, die die fünf zur Deutschlandpremiere angereisten „Lone Ranger“ am frühen Nachmittag im Hotel Adlon gaben. Auf dem Weg dorthin wurden die Journalisten dezent auch auf das neue Videospiel „Disney Infinity“ hingewiesen, in dem die wichtigsten Disney-Helden vereinigt werden sollen, darunter auch der Lone Ranger und Gefährte Tonto. Irgendwie müssen die verpulverten 200 Millionen Dollar ja wieder reinkommen.

Natürlich schwärmten erst mal alle von dem Riesenabenteuer der Dreharbeiten: „Nonstop adventures“, sieben Monate lang, versicherte Hammer, „every day adventures“ Kollege Depp, und Ruth Wilson war von den ganzen tollen Stunts noch immer hin und weg. Obwohl es insgesamt doch ein staubiges Abenteuer gewesen sein muss: Im Essen, in der Nase, in den Augen – überall nur Staub, erzählte der Regisseur. Auch von einem Reitunfall berichtete Depp. Seine wichtigste Erkenntnis: „Draufbleiben ist toll.“

Aber von alldem mal abgesehen, war die Rolle des Tonto für Depp, der auch in der Pressekonferenz die eigentliche Hauptfigur blieb, eine Herzenssache. Schließlich stammt er, zu einem kleinen Teil jedenfalls, von Amerikas Ureinwohnern ab, seiner Urgroßmutter habe man dies sogar noch angesehen, wie er erzählte: „Wir wuchsen in dem Wissen auf, dass wir ein wenig Indianerblut haben.“ Darauf sei er immer stolz gewesen. Der Film, seine Rolle – er sieht sie als eine kleine Wiedergutmachung an für das, was den Indianern angetan wurde, als eine Möglichkeit, Kindern das große kulturelle Erbe der Ureinwohner zu vermitteln. „Dieser Teil der Geschichte wird in Büchern gern vergessen. Geschichte wird eben von den Gewinnern geschrieben.“ Seine Hoffung: Dies durch „Lone Ranger“ ein wenig zu korrigieren. Denn der Umgang mit den Indianern beschäftige ihn sehr: „Es ist eine Leidenschaft.“

Anders als einer aus der Fragerunde, der im Tonto-Stil gekommen war, hatte Depp das modische indianische Erbe allerdings zu Hause gelassen, erinnerte mit einem kleinen Ensemble aus Ketten, Ring und Tätowierungen eher an seinen legendären Piraten Jack Sparrow, und prompt kam die Frage, ob die Figuren einander vielleicht allzu nahekommen. Für Depp ist das kein Problem und leicht erklärbar, schließlich entstammten beide Figuren seinem Kopf: „Beide Charaktere bin ich.“ Aber er sieht auch Unterschiede. Jack sei der große Manipulator, brauche andere um sich herum. Tonto dagegen sei mehr Beobachter, eine Ein-Mann-Band.

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