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Berlin: Die Rückkehr der Fledermaus

AUFTRITT DER WOCHE Das Actionspektakel „Batman Live“ in der O2-World.

Von Jörg Wunder

Er ist Multimillionär und ein Meister der Kampfkünste. Er ist hochintelligent und sieht blendend aus. Er wohnt in einem prachtvollen Anwesen und hat einen Butler, der ihm jeden Wunsch von den Lippen abliest. Die Frauen reißen sich um seine Gunst. Und doch: Wer würde mit Bruce Wayne tauschen wollen? Denn das Luxusleben ist nur Fassade für den Abgrund einer gequälten Seele. Als Kind musste er miterleben, wie seine Eltern Opfer eines Raubmords wurden, was den erwachsenen Wayne in einen verbitterten, einsamen Rächer verwandelt hat: Batman. Maskiert hetzt er durch die nächtlichen Straßen von Gotham City und versucht, den Machenschaften seiner Gegenspieler Einhalt zu gebieten. Ein schier auswegloses Unterfangen, denn es ist auch Batmans Hybris, seine Selbsternennung zu einem über dem Gesetz stehenden Verbrechensbekämpfer, die das Böse anzieht.

Und sind nicht die Superschurken längst die interessanteren Charaktere? Der letzte Batman-Film „The Dark Knight“ wurde nicht zuletzt deshalb ein Welterfolg, weil der verstorbene Heath Ledger eine brillante Interpretation des irren Jokers abgab. Passenderweise läuft zeitgleich zur Deutschlandpremiere der gigantomanischen „Batman Live“-Show in der O2-World das Theaterstück „The Joker“ in der Brotfabrik, das von einem jungen Schauspieler erzählt, der an seiner Personifizierung der Titelfigur zerbricht.

Bei „Batman Live“ treten subtile Charakterstudien naturgemäß in den Hintergrund. Die britische Inszenierung, gezeigt in einer deutsch synchronisierten Fassung, ist ein Volldampfspektakel im größtmöglichen Maßstab, ein zweistündiges Actiongewitter mit Flugakrobatik, Kampfchoreografien, Zirkusnummern, Tanzeinlagen, Pyrotechnik, Bodennebel, Spezialeffekten, Wunderwaffen, Lasershow, LED-Videowand, bombastischem Score – und dem Batmobil: einer vom Formel-1-Designer Gordon Murray entworfenen Mischung aus Bodenrakete und Supersportwagen. Hinter dem schwerelos wirkenden Geschehen steckt eine beeindruckende Logistik. Das mit 25 Sattelschleppern herangekarrte Equipment muss unter enormem Zeitdruck aufgebaut und während der zweistündigen Show von Dutzenden Technikern hinter, über und unter der Bühne mit der Präzision einer Schweizer Taschenuhr bedient werden.

Schon vor dem Probendesaster des Broadway-Musicals „Spider-Man“ war dem Team um Produzent Nick Grace („Mamma Mia“) klar, dass die düstere Story für ein kesses Sing- und Tanzspiel nicht geeignet war. Tatsächlich sind manche Szenen der rund zehn Millionen Pfund teuren Show so gruselig, dass man sich fragt, ab welchem Alter man einen Besuch empfehlen sollte. Bei der Londoner Premiere im vergangenen Sommer zumindest machten auch Kinder im Grundschulalter – in Begleitung ihrer Erziehungsberechtigten – nach der Vorstellung einen eher begeisterten als verstörten Eindruck.

Die Herausforderung, die Essenz aus gut 80 Jahren Comicgeschichte in eine auch für Batman-Novizen verständliche Handlung einzudampfen, wurde beherzt angenommen. Von Batmans Kindheitstrauma über die Quasi-Adoption seines späteren Sidekicks Robin bis zu Kämpfen mit den prominentesten Gegnern werden die wichtigsten Stationen abgehandelt, wobei „Batman Live“ gelegentlich der Schurken-Overkill droht: Schon vor der Pause müssen der Pinguin, der Riddler, Harvey Two-Face, Catwoman und Poison Ivy mit dem Fledermausmann in den Ring steigen. Doch erst mit dem umjubelten Auftritt des Jokers bekommt die Show ihr dramaturgisches Zentrum. Und spätestens wenn der flamboyante Bösewicht, grandios verkörpert vom routinierten Londoner Theaterkämpen Mark Frost, den Titelhelden als humorlosen Moralapostel verhöhnt, weiß man nicht mehr, wem man die Daumen drücken soll.

„Batman Live“ in der O2-World, 11. bis 15. Januar, Mi–Fr 19.30 Uhr, Sa 15 Uhr, So 11 Uhr, Karten 42–66 Euro, Infos: www.semmel.de, Tickethotline: 0180 5 - 57 00 99.

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