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Berlin: Die Rückkehr des blinden Sängers Taylor Hackford stellte Film über Ray Charles vor

„Good evening, London! Bon soir, Paris!

„Good evening, London! Bon soir, Paris! Guten Abend, Berlin!“ Im Sekundentakt sausen die Tourneeorte auf der Leinwand vorbei, in schneller Schnittfolge wird Europa erobert. Amerika hat Ray Charles längst in der Tasche, jetzt liegt ihm auch die Alte Welt zu Füßen. Zwei Drittel eines zweieinhalbstündigen Films erwarten uns noch, das drohende Ende als inhaftierter Junkie, Ehekrisen, schließlich die Rehabilitierung in Georgia, wo man ihm zu Zeiten der Rassentrennung Auftrittsverbot erteilte, weil er nicht länger in Hallen singen wollte, in der Weiße und Schwarze getrennt sitzen müssen.

Nicht mal ein halbes Jahr ist Ray Charles tot, nun reist also stellvertretend Taylor Hackford durch die Welt, um für den Film „Ray“ zu werben, mit dem er dem blinden Sänger ein Denkmal gesetzt hat. Nach London wird er noch fliegen, in Paris war er schon. Und an diesem Mittwoch kam der Regisseur mit seiner Frau Helen Mirren nach Berlin, der Stadt, der in dem Reigen der Tourneeorte ebenfalls gedacht wurde, alles andere wäre ja auch unakzeptabel. Schließlich war Ray Charles in Berlin geradezu Stammgast.

Gestern am frühen Abend waren Gäste zur Sondervorführung im Cinestar am Potsdamer Platz geladen worden, mit Sektempfang vorneweg und halbstündiger Plauderei des Regisseurs, dessen Porträt des Sängers am 6. Januar in die deutschen Kinos kommt. 15 Jahre lang hat Hackford den Film vorbereitet. Nicht allein die Biografie des Sängers interessierte ihn, ebenso wollte er zeigen, wie sich in seiner Entwicklung eine Periode des kulturellen Wandels spiegelte. Ray Charles – das ist für ihn nicht ein Musiker der Vergangenheit, sondern einer, der in Amerika eine kulturelle Revolution beeinflusste, die noch immer anhält.

So ein hoher Anspruch steht und fällt mit dem Darsteller. Taylor Hackford hat ihn in dem Schauspieler Jamie Foxx gefunden, der unlängst als Taxifahrer und Gegner von Tom Cruise in „Collateral“ zu sehen war. Ray Charles war mit dem Film, der noch zu seinen Lebzeiten fertig wurde und den er sich oft vorführen ließ, zufrieden: „Taylor hat seine Hausaufgaben gemacht. Er hat mein Leben ziemlich gut dargestellt“, sagte er wenige Monate vor seinem Tod in einem Interview.

In Berlin war Charles zum ersten Mal 1962 in der tobenden Deutschlandhalle aufgetreten, gemeinsam mit seinen Sängerinnen, den Raelets. Der Tagesspiegel lobte damals, dass er den Blues vorzüglich singe, „noch auf archaische Weise, mit Feldschreien und Sklavenemphatik“. Rund zehn Konzerte im Sportpalast, in der Waldbühne, im ICC sollten folgen. Dort war er auch bei seinem letzten Berliner Konzert zu erleben, 1996 als Star des Presseballs.

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