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Berlin: Die Shakespeare-Geschwister

Jan und Carsta Zimmermann sind Kopf und Herz des Hexenkessel-Hoftheaters Ab heute spielen sie wieder unter freiem Himmel. Diesmal Othello

So sieht also eine schrecklich nette Familie aus: „Eigentlich kann ich meine Schwester nicht sonderlich leiden“, sagt Jan Zimmermann. Der 44-Jährige ist Regisseur und Mitbegründer des kleinen Hexenkessel-Hoftheaters, das seit 1998 jeden Sommer Aufführungen im Monbijoupark in Mitte veranstaltet. Seine Schwester Carsta ist sechs Jahre jünger und steht bei jedem seiner Stücke auf der Bühne, sie hat sich im Ensemble das Prädikat „Publikumsliebling“ erspielt. Das liege an ihrem komödiantischen Talent, sagt Jan. „Du kannst ihr die tragischste Rolle geben – die Leute lachen trotzdem.“ Carsta habe ein „unmöglich großes Herz“, sich selbst sieht Jan dagegen als „notorischen Kopf-Menschen“. Diese Rollenverteilung kennen die Geschwister bereits aus Kindheitstagen: Jan schrieb seiner Schwester Schulaufsätze, dafür wollte sie ihn in Liebesdingen beraten. „Da ließ sich der sture Herr aber leider nicht reinreden“, sagt Carsta.

Ähnlich hält es Jan heute mit seiner Regie-Arbeit an der kleinen Freiluftbühne: „Eine Riesenverantwortung, die ich gern allein übernehme.“ Neulich kam er ins Grübeln, ob er seine Rolle vielleicht etwas übertreibe. Da hatte seine fünfjährige Tochter gerade „Bestimmer im Theater“ als Berufswunsch angegeben.

Zu Jans Aufgaben gehört auch, zur neuen Spielzeit die Stücke auszuwählen. Und das heißt seit Jahren immer nur: Shakespeare. Die Stücke des Dichters seien „Volkstheater“ im besten Sinne, gemacht für Schauspieler wie Publikum. Schon in den späten 80er Jahren – während seines Studiums am Ost-Berliner Regie-Institut – war Jan von Shakespeare angetan. Später führte er dessen Werke mit Freunden im Hinterhof eines besetzten Hauses auf. Und nun eben im Monbijoupark. Carsta gefällt das, sie hat den Puck im Sommernachtstraum gespielt, Polixenes im Wintermärchen und die Amme in Romeo und Julia. Manchmal schlüpfte sie auch in Rollen, die im Original gar nicht vorkommen. Wie zum Beispiel der gefürchtete „Killerclown“ in Richard III. In diesem Jahr ist Othello an der Reihe – übersetzt in die Gegenwart, mit „mobilen Eingreiftruppen“ und „Kollateral-Schäden“. Carsta spielt Bianca, die Geliebte von Othellos scheinbarem Widersacher Cassio. Dass Jan ihr nicht die wichtigste weibliche Rolle gegeben hat, stört sie nicht: „Ich bastle mir da meine eigene Hauptrolle zurecht.“

Überhaupt kann Carsta als Schwester nicht auf besondere Rücksichtnahme hoffen – ganz im Gegenteil. Er belaste Carsta „doppelt und dreifach“, meint Jan. Und falls es die Schwester eines Tages „nicht mehr bringen“ sollte, hätte er auch keine Skrupel, ihr den Ausstieg nahe zu legen. So fragt Carsta dann auch jedes Jahr brav, ob sie im Sommer wieder dabei sein dürfe. Was Jan amüsiert. Denn erstens sei sie ein berlinweit gefragter Profi, stehe seit dem 14. Lebensjahr auf der Bühne und habe mehrere Theatergruppen gegründet. Und zweitens sei es für Regisseur und Schauspieler von großem Vorteil, verwandt zu sein: „Niemand begreift meine Anweisungen so schnell wie Carsta.“ Mal soll sie lachen „wie früher der Onkel Paul, mal kreischen wie damals, als sie sich auf dem Asphalt die Knie aufgeschlagen hat.“

So ist davon auszugehen, dass Carsta auch bei weiteren Shakespeare-Inzenierungen auf der Bühne steht. Obwohl dem Bruder langsam die Stücke ausgehen, zumindest bei Komödien werde es dünn. Nächstes Jahr gebe es erst mal Macbeth, sagt Jan. Danach vielleicht ein Potpourri, falls ihm sonst nichts mehr einfalle.

Die Premiere von „being Othello“ beginnt heute um 21.30 Uhr. Weitere Infos unter www.hexenkessel-hoftheater.de oder telefonisch unter 240486 50.

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