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Berlin: Die Sintflut

VON TAG ZU TAG Andreas Conrad über verschwimmende Parteigrenzen Vor der rächenden Kraft des Wassers waren schon in alttestamentarischen Zeiten alle Menschen und Tiere gleich. Wer nicht rechtzeitig einen Platz in der Arche Noah reservierte, hatte keine Chance mehr, da konnte er so viel zittern und klagen, wie er wollte.

VON TAG ZU TAG

Andreas Conrad über

verschwimmende Parteigrenzen

Vor der rächenden Kraft des Wassers waren schon in alttestamentarischen Zeiten alle Menschen und Tiere gleich. Wer nicht rechtzeitig einen Platz in der Arche Noah reservierte, hatte keine Chance mehr, da konnte er so viel zittern und klagen, wie er wollte. Man kann also mit Fug und Recht sagen, dass im JakobKaiser-Haus, nun, nicht gerade himmlische, aber doch biblische Verhältnisse herrschen müssen: Die Sintflut schwappt gerecht und ohne Rücksicht auf Parteigrenzen durch die Fraktionen. Im Büro von Unionschefin Angela Merkel war gestern erneut, wie schon vor einem Monat, eine Hochdruckleitung geplatzt, von dort rann es erst ein Stockwerk tiefer zum SPD-Kollegen Franz Müntefering, von dort weiter zu CSU-Landesgruppenchef Michael Glos. Reinhard Mey würde bei solcher Gelegenheit vermutlich sein Lied „Ich bin Klempner von Beruf“ anstimmen, doch sollte man sich mit solch individualistischer, auf berufliches Versagen spekulierender Erklärung nicht zufrieden geben. Die Frage muss vielmehr lauten: Cui bono? Und man kann den Kreis der Verdächtigen sicher noch eingrenzen, wenn man berücksichtigt, wer im Bundestag vom Wasserschaden verschont blieb. Bedenken sollte man auch die symbolische Kraft des nassen Stroms, gültig freilich für jede der trocken gebliebenen Parteien: Stehen nicht die durch die Etagen sickernden Fluten für individuelle Freiheit und Liberalität? Andererseits, ist es nicht ein einprägsames Bild ökologischer Verschwendungssucht? Oder gar sozialistischer Gleichmacherei? Tja, so ist das nun mal mit der Politik: Allzu leicht kommt man ins Schwimmen.

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