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Berlin: Die Sonderkommission der Kripo sucht weiter nach dem entführtem Baby

Von der seit Freitag verschwundenen Celina Chantal fehlt auch nach drei Tagen noch jede Spur. Zwar seien zahlreiche Hinweise eingegangen, darunter bisher aber keine Erfolg versprechende Spur.

Von der seit Freitag verschwundenen Celina Chantal fehlt auch nach drei Tagen noch jede Spur. Zwar seien zahlreiche Hinweise eingegangen, darunter bisher aber keine Erfolg versprechende Spur. Um das mysteröse Verschwinden des Säuglings aus dem Krankenhaus Friedrichshain klären zu können, richtete die Kriminalpolizei gestern eine Sonderkommission mit elf Beamten ein. Der Säugling war, wie berichtet, am Freitag Nachmittag aus dem Kinderzimmer der Mutter-Kind-Station entführt worden. Die Polizei sucht Zeugen und bittet insbesondere Kliniken, Kinderärzte und sozial-psychiatrische Dienste um Mithilfe, da es nicht ausgeschlossen sei, dass sich die Person, die den Säugling in Obhut habe, an eine dieser Stellen wendet.

Dem Krankenhaus Friedrichshain können nach Meinung von Gesundheitssenatorin Beate Hübner (CDU) keine Vorwürfe wegen Missachtung von Sicherheitsregeln gemacht werden: "Die Klinik ist nicht unsicherer als andere", betonte Hübner-Sprecher Christoph Abele. Eine hermetische Überwachung der Neugeborenen-Stationen sei unmöglich, die amtliche "Krankenhaus-Betriebsverordnung" schreibe nicht vor, Kinderzimmer abzuschließen. Wer mit krimineller Energie vorgehe und sich etwa als Arzt oder Krankenschwester verkleide, könne in jeder Klinik ein Baby entführen, so Abele. Niemand wolle die Mutter-Kind-Stationen zu geschlossen Anstalten machen und dort Hochsicherheitstrakte errichten. Jede Mutter habe bis zu zehn Besucher, mit einem Restrisiko bei der Sicherheit müsse man leben.

Auch in den rund 20 Berliner Krankenhäusern mit Geburtshilfe- und Wöchnerinnen-Abteilungen wird übereinstimmend bestätigt, dass es keinen absoluten Schutz vor Kindes-Entführungen geben könne. Zwar müssen etwa im Wedinger Virchow-Klinikum Besucher vor Eintritt in die Station klingeln, gegen einen "falschen Arzt" sei man aber auch hier im Zweifel machtlos. Ein gewisses Maß zusätzlicher Sicherheit bringe die Klingel aber doch, betont Klinik-Sprecherin Kerstin Ullrich. Im Virchow-Klinikum kommen jährlich fast 4000 Kinder zur Welt, so viel wie nirgendwo sonst. In ganz Berlin sind es rund 30 000 Klinik-Geburten.

In der Regel liegen die Neugeborenen in allen Häusern unmittelbar nach der Geburt dauerhaft mit der Mutter zusammen im Zimmer. Dieses sogenannte "Rooming in" ist mittlerweile Standard. Auch bei Untersuchungen des Kindes ist die Mutter an der Seite des Neugeborenen. Nur in Ausnahmefällen, wenn die Mutter beispielsweise sehr erschöpft ist und Ruhe braucht, kommt das Baby eine Zeit lang ins Kinderzimmer. Diese Zimmer werden zwar vom Pflegepersonal überwacht, es steht jedoch keine Krankenschwester dauerhaft vor der Tür.

"Wir können die Babys nicht anketten", sagte Eckart Kastendieck, Chefarzt für Geburtshilfe und Gynäkologie im Wilmersorfer Martin-Luther-Krankenhaus. "Rooming in, also Mutter und Kind gemeinsam im Zimmer, und Acht geben", dies sei der beste Schutz. Die offene Atmosphäre in der Geburtshilfe aufzugeben könne keine Lösung sein, um extreme Fälle wie die Baby-Entführung in Friedrichhain zu verhindern. Ein "pathologischer Kinderwunsch" von Frauen, die selbst kein Baby bekommen können, sei etwa ein möglicher Grund für Kindes-Entführungen. Organisierter Kinderhandel ist in Deutschland hingegen bislang nicht bekannt.

In dreißig Berufsjahren habe er von "fünf oder sechs" Entführungen gehört, so Günther Scholtes, Chefarzt im St. Gertrauden-Krankenhaus. Häufiger komme es umgekehrt vor, dass Mütter ihr Neugeborenes in der Nähe von Kliniken "ablegen", weil sie ihr Baby nicht großziehen können oder wollen.

B. Koch, W. Schmidt

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