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Berlin: Die Staatsanwaltschaft ist sich sicher, dass elf Schüsse außerhalb des Gebäudes fielen

Zum ersten Mal hat der Untersuchungsausschuss, der die Vorgänge um das israelische Generalkonsulat aufklären soll, das Wesentliche beleuchtet: Die tödlichen Schüsse selbst. Die Abgeordneten ließen sich ein Polizeivideo zeigen.

Zum ersten Mal hat der Untersuchungsausschuss, der die Vorgänge um das israelische Generalkonsulat aufklären soll, das Wesentliche beleuchtet: Die tödlichen Schüsse selbst. Die Abgeordneten ließen sich ein Polizeivideo zeigen. Daraus lässt sich schließen, dass 11 der insgesamt 17 von zwei israelischen Sicherheitsleuten abgegebenen Schüssen außerhalb des Konsulates gefallen sind. Solche Schüsse waren von israelischer Seite immer bestritten worden.

Kommentiert wurde der Film vom ermittelnden Staatsanwalt Lutz Witkowski, der als Zeuge geladen war. Zu sehen ist der äussere Eingangsbereich des Konsulats. Eine große Gruppe von Menschen drängt sich auf der Treppe, sämtlich mit dem Rücken zum Haus. Plötzlich fallen in schneller Folge erst acht, dann drei einzelne Schüsse. Drei der vier getöteten Kurden starben dabei, mehrere wurden zum Teil schwer verletzt. Bis auf einen Bauchschuss, so Witkowski, seien die Projektile von hinten eingetreten, und "alle Schusskanäle weisen einen absteigenden Verlauf aus". Sie wurden somit von oben auf die tieferstehenden Menschen abgegeben.

Die Schussentfernungen konnten nach Witkowskis Angaben wegen Arbeitsüberlastung der Polizei noch nicht ermittelt werden. Mit den Aussagen der israelischen Sicherheitsbeamten, wonach alle Schüsse innerhalb des Konsulats fielen, sei die Situation indes "nicht in Übereinstimmung zu bringen". Bestätigen wollte er im Wesentlichen nur die israelischen Angaben, wonach insgesamt 17 Schüsse abgegeben wurden. Ansonsten überwögen die Widersprüche. Bei der Staatsanwaltschaft habe es daher schon früh Zweifel an der Notwehrthese der Sicherheitsleute gegeben. Als Beschuldigte habe man sie jedoch nicht vernehmen können. Dies sei von den israelischen Behörden bereits bei der ersten polizeilichen Vernehmung abgelehnt worden. Lediglich als Zeugen stünden die Männer zur Verfügung.

Die "diplomatischen Schwierigkeiten", die sich daraus ergaben, hatte zuvor Justizsenator Ehrhart Körting beschrieben. Nachdem die Staatsanwaltschaft ihm ihre "begründeten Zweifel" vorgetragen habe und die weiteren Ermittlungsprobleme nicht lösbar gewesen seien, habe er am 2. Juni entschieden, das Auswärtige Amt einzuschalten. Damit, so Körting, habe er "eine Verfahrensbeschleunigung" und eine "sachkundige Einschätzung" erhalten wollen. Bei der Antwort, die einen Monat später einging, habe er allerdings den Eindruck gehabt, "das Auswärtige Amt wollte sich um eine Antwort herumdrücken". Erst in einem zweiten Schreiben habe man dann mitgeteilt, dass Israel in vergleichbaren Fällen noch nie einer Beschuldigtenvernehmung seines Personals zugestimmt habe. Da eine Klärung somit unmöglich geworden sei, seien die Ermittlungen gegen die Wachleute im August eingestellt worden.

Unzufrieden äußerten sich die Zeugen auch mit der Zusammenarbeit und der Tatortarbeit der Polizei. Hier habe es zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft erhebliche "Reibungsverluste" gegeben. Um dies für die Zukunft zu verbessern, sei zwischen Justiz- und Innenbehörde vereinbart worden, in ähnlichen Großlagen von Anbeginn einen Staatsanwalt "in die Lage einzubeziehen" und nicht nur telefonisch zu unterrichten.

Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Wieland (Grüne) nannte das Ergebnis "insgesamt äußerst unbefriedigend". Die PDS-Abgeordnete Marion Seelig sagte, das Video habe deutlich gemacht, "worum es bei dem Ausschuss überhaupt geht, nämlich darum, dass hier ein Blutbad angerichtet wurde". Die CDU war der Sitzung fern geblieben. In zwei Wochen sollen nun die Polizeibeamten gehört werden, die den Einsatz und die Ermittlungen vor Ort geleitet haben.

Otto Diederichs

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