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Berlin: Die Teamspielerin

Wer immer im neuen Senat Platz nehmen wird, Christiane Krajewski ist nicht wegzudenken. Der Regierende Bürgermeister gedenkt nicht auf seine Parteifreundin und Finanzsenatorin zu verzichten, die im Juni aus dem Saarland kam, sah und siegte.

Wer immer im neuen Senat Platz nehmen wird, Christiane Krajewski ist nicht wegzudenken. Der Regierende Bürgermeister gedenkt nicht auf seine Parteifreundin und Finanzsenatorin zu verzichten, die im Juni aus dem Saarland kam, sah und siegte. Klaus Wowereit wird dem Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) ewig dankbar sein für seinen goldenen Fingerzeig. Die Umworbene sieht sich allerdings vorerst noch als Übergangssenatorin: "Da bin ich stur. Über Personalien wird immer am Ende von Koalitionsverhandlungen entschieden." Nur so viel: "Ich finde die Aufgabe herausfordernd, spannend und attraktiv. Aber im Team."

Zum Thema Online Spezial: Berlin hat gewählt Dieses unauffällig nachgeschobene "Aber im Team." kann man nur als Hinweis darauf verstehen, dass der Haushalt nicht mit Lippenbekenntnissen zu harten Einschnitten zu sanieren ist. Es ist typisch für Christiane Krajewski, wie sie Solidarität einfordert, eben nicht drängend und dräuend, sondern zielbewusst werbend. Als der SPD-Landesvorstand zwischen den Koalitionsoptionen Rot-Gelb-Grün und Rot-Rot hin und her diskutierte, bevor die Entscheidung für die Ampel fiel, appellierte sie feinsinnig an das Wir-Gefühl in der Verantwortung auch für unbequeme Beschlüsse: "Mir fällt auf, wie oft hier Ihr statt Wir gesagt wird."

Es gibt angenehmere Aufgaben, als in Berlin das Finanzressort zu führen. Frau Krajewski weiß, was ihre Vorgänger Annette Fugmann-Heesing (SPD) und Peter Kurth (CDU) geleistet haben und woran sie gescheitert sind. Annette Fugmann-Heesing hatte das strukturelle Defizit binnen vier Jahren von zwölf auf sechs Milliarden halbiert, vor allem durch Vermögensverkäufe unter Ach und Krach. Die CDU konnte sie nicht leiden, die SPD schickte sie 1999 fort. Jetzt klafft wieder ein Finanzloch von neun bis zehn Milliarden Mark. Frau Krajewski wird sich etwas dabei gedacht haben, dass sie die bittere Bilanz heute vorlegt, rechtzeitig vor den Koalitionsverhandlungen. Sie wird natürlich mit am Verhandlungstisch sitzen, zusammen mit Wowereit darauf achten, dass SPD, FDP und Grüne das A und O des Koalitionsprogramms glasklar festlegen. Mehr als elf Millionen Mark Zinsen zahlt das Land Berlin pro Tag. Wenn das kein Drama ist...

Warmherzig betreibt sie Seelenmassage, steuert aber ebenso entschlossen den Weg aus der Finanznot an wie ihre Vorgänger seit 1996. Mit sanftem Druck. Ach was, die unpsychologische Vokabel Druck gehört nicht zu ihrem Wortschatz. Sie braucht mehr als die Rückendeckung des Regierenden Bürgermeisters. Die hat sie sowieso von Wowereit wie damals die Genossin Annette. Nur war Wowereit da nicht Regierender, sondern nur Haushaltspolitiker der SPD-Fraktion. Und die neuen Moden stießen noch auf Abwehr, die sich im Giften über den Fugmannschen Charme eines "Eisberges" Bahn brach. Insofern hat es Frau Krajewski leichter, nochzumal mit ihrem sonnigen Naturell.

Doch die Proteste gegen die so genannte "Giftliste" aus ihrer Verwaltung waren nur ein Vorgeschmack auf Widerstände. Sie hat sich nicht darüber echauffiert, dass diese "Materialsammlung" ohne ihr politisches Gütesiegel in die Öffentlichkeit gelangt ist. Sie hat den Vorwurf des Wahlbetruges überhört. Sie hat nur seelenruhig klargestellt, dass sie ihre Verwaltung ermuntert hat, den Haushalt unter dem Gesichtspunkt zu durchforsten, wo Berlin, von hautstadtbedingten Lasten abgesehen, mehr als andere Länder ausgibt. Dazu sind ihre Beamten doch da, nicht wahr?!

Sie wird ja wohl klipp und klar sagen dürfen, was ist: dass Berlin "immer noch in fast allen Bereichen überproportional viel ausgibt" bei "deutlich geringerer Finanzkraft als andere Länder", zum Beispiel für die Bürokratie, Schulen, Kitas, Polizei, Wohnen. "Das kann im Einzelfall gerechtfertigt sein, aber nicht immer. Politisch lässt sich immer alles begründen." Aber wer investieren will, muss sparen können. Nach ihrem Kassensturz im Spätsommer sprach sie ein großes Wort gelassen aus. Die Ausgaben und Einnahmen seien systematisch schön gerechnet worden, nun müsse Schluss sein mit Luftschlössern.

Frau Krajewski kann keiner ein X für ein U vormachen. Die studierte Volkswirtin hat ihre Erfahrungen aus dem Saarland mitgebracht. Sie war in Saarbrücken Jugendamtsleiterin und dann Beigeordnete für Umwelt und Gesundheit. Sie war seit 1990 Gesundheits- und Sozialministerin, dann seit 1994 Ministerin für Wirtschaft und Finanzen, bis die SPD 1999 die Saar-Wahl verlor. Ihren Länderkollegen ist sie ein Begriff. Auch den Vorteil ihrer verzweigten Kontakte weiß Wowereit zu schätzen.

Sie stieg rasch zum Stern im Senat auf, zur Wowereit-Vertrauten. Sie habe, sagt man, rasch gelernt, "die Berliner Details sauber einzuordnen und zu bewerten". Sie könne inzwischen am Senatstisch "jeden Sachverhalt präziser als jeder andere auf den Punkt bringen". Diskret verhandelt sie über die Neuordnung der Bankgesellschaft, über den Flughafenbau und andere dicke Brocken. Bis zur CDU hat sich herumgesprochen, dass sie "das wohl ganz ordentlich macht".

Aber bitte, so schön ist ja eine ambulante Ehe auch nicht, dass sie nicht wieder gehen könnte; der Ehemann ist Spitzenbeamter im Saarland. Doch kein Wort mehr über Privates. Bald wird sie wissen, ob sie bleiben darf und will.

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