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Berlin: Die Tücke der Opposition

Wie sie da sitzt zwischen den zerfledderten Zeitungen und Nachrichtenmagazinen, zwischen Kunst- und Kulturzeitschriften glaube ich so etwas wie ein Grinsen auf ihrem Gesicht zu entdecken. Ich will etwas sagen, komme aber gegen die laute „Presseschau“ im DLF nicht an.

Wie sie da sitzt zwischen den zerfledderten Zeitungen und Nachrichtenmagazinen, zwischen Kunst- und Kulturzeitschriften glaube ich so etwas wie ein Grinsen auf ihrem Gesicht zu entdecken. Ich will etwas sagen, komme aber gegen die laute „Presseschau“ im DLF nicht an.

„Du kannst das Radio gerne abschalten“, sagt sie gönnerhaft. „Ich weiß sowieso Bescheid.“

Als ob ich das je bezweifelt hätte! Sie weiß alles und alles besser. Sie würde sogar den Papst korrigieren, wenn sie eine Gelegenheit fände. So sitzen wir uns also gegenüber (ich habe das Radio inzwischen ausgeschaltet) und machen uns Gedanken über das jeweilige Gegenüber. Schließlich fragt sie:

„Na, was sagt du nun zu deiner Kanzlerin, du Oppositioneller?“

Seit Wochen hat sich Frau Hoffmann von einer kritischen Fernsehzuschauerin zu einem Merkel-Fan verändert. Ich führe das auf ihre übermäßige Zeitungslektüre zurück.

„Frauen, wer sonst als eine Frau kann das Chaos noch in den Griff kriegen?“, fragt sie und verweist auf die wachsende Zahl von Frauen in höchsten politischen Positionen. Ich halte ihr die zunehmende Zahl der Orkane, der Tsunamis und vergrippten Vögel dagegen: „Glaubst du, dass die Welt dadurch besser wird?“

Wie es von einer weiblichen Katze nicht anders zu erwarten ist, betrachtet sie kurz ihre Krallen und kontert kühl: „Besser von einer Gans regiert zu werden als von einem Esel.“ Und fügt hinzu: „Was sagst du denn zu dieser Entwicklung? Paris, Brüssel, New York und jetzt Moskau – ein Erfolg nach dem anderen!“

„Woher willst du das wissen?“

„Steht in allen Kommentaren.“

Papier ist geduldig, will ich dagegenhalten, erinnere mich aber, diesen Einwand erst kürzlich benutzt zu haben. So sage ich also lediglich: „Das verdanken wir nur Herrn Gorbatschow. Hätte er die Uckermark nicht in die Freiheit entlassen, würden wir nach wie vor von einem Esel regiert werden.“

Ihr kommt ein Gedanke: „Vielleicht sogar von einem Hund!“

Meine Geduld ist am Ende. „Warum müssen es immer Hunde und Katzen sein? Oder eine Gans, die nur eine verkleidete Ente ist? Warum nie ein Fisch?“

Frau Hoffmann sieht mich zweifelnd an. „Fisch? Was für einen Fisch meinst du? Einen Havelzander? Bodenseefelche? Oder einen Pottwal? Möchtest du von einem Pottwal regiert werden?“

Ich möchte von keinem Tier regiert werden. Nicht einmal von Frau Hoffmann. Sie ist genau so tückisch, wie man es immer schon von Katzen gesagt hat: Von einem auf den anderen Tag unterstützt sie Merkel! Und das in einem Haus, in dem ihr die Brekkies aus oppositioneller Hand in den Napf gestreut werden. Ich wage es kaum noch, sie zur Atomkraft zu befragen. Oder zur Beteiligung deutscher Soldaten an amerikanischen Kriegen. Das engt unsere häuslichen Gespräche themenmäßig ein.

Über Mäuse und Hunde können wir uns einigermaßen verständigen. Doch das hat kein größeres Gewicht als die Übereinstimmung in der EU über den freien Handel auf dem Energiemarkt. Die meisten sind dafür. Trotzdem wird das Gas teurer anstatt billiger. Auf Mäuse und Hunde übertragen bedeutet das, dass sie auch nicht von Walen regiert werden möchten, aber zu Hause Regierungschefs haben, mit denen sie weder Tisch noch Bett teilen möchten.

Jedenfalls wenn ich Frau Hoffmann richtig verstanden habe.

— Der Autor ist Deutschlands bekanntester Gastrokritiker und kennt sich auch bei Katzen aus. Ganz besonders bei Frau Hoffmann, seiner schlauen Mitbewohnerin. Sie hat zu allem etwas zu sagen.

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