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Berlin: Die Unbeugsamen

Arbeiter des CNH-Baumaschinenwerks wehren sich gegen die Schließung – und hoffen auf den Senat

Selbst Ronja trägt den roten Plastiküberzieher der Gewerkschaft IG-Metall mit der Aufschrift „Wir streiken“. Die Schäferhündin schnuppert an der Öltonne, in der ein Feuer brennt und an der sich die Streikposten wärmen. Gerade hatte sie ihren großen Auftritt, nach einer Rede des IG-Metall-Chefs Jürgen Peters durfte sie mit aufs Foto. Danach bleiben die Hündin und die Streikposten allein zurück vor dem Tor des CNH-Baumaschinenwerks in Spandau.

Peters sprach den Beschäftigten in der vergangenen Woche Mut zu, weitere Prominente haben sich angekündigt. Heute wird Oskar Lafontaine erwartet, der Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag. In wenigen Tagen will der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) folgen. Seit drei Wochen ruht bei CNH die Arbeit, damit es in drei Monaten nicht ganz vorbei ist. Der italienische Mutterkonzern Fiat will das Werk Ende Juni schließen. Von den rund 600 Beschäftigten würden 500 ihren Arbeitsplatz verlieren „obwohl wir schwarze Zahlen schreiben“, wie ein Streikposten sagt. Erst Samsung, dann JVC, jetzt CNH – die Berliner Arbeiter könnten sich nicht noch weitere Schließungen gefallen lassen.

„Der Kampf, den Sie führen, ist ein Kampf für den Industriestandort Berlin“, hatte Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) ihnen zugerufen als er Ende Februar da war. Wolf kämpft mit. Er will Zuschüsse und Vergünstigungen, die CNH gewährt wurden, zurückverlangen. Im Falle einer Schließung will der Senat vom Fiat-Konzern rund 70 Millionen Euro fordern. Die Hoffnung der Arbeiter ist, dass es sich der Konzern angesichts dieser Kosten noch einmal anders überlegt.

Sollte sich die Hoffnung nicht erfüllen, wäre die Schließung des Werks ein weiteres Symbol für den Niedergang der Industrie seit der Wiedervereinigung. Dabei gibt es durchaus Anzeichen für ein mögliches Ende der Talfahrt. Eine Studie der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft hat die positiven Trends zusammengefasst: Die Exportquote der früher vom Weltmarkt abgekoppelten Berliner Industrie habe sich mehr als verdoppelt. Das rege Gründungsgeschehen gebe Anlass zur Hoffnung. Und die Hälfte der überlebenden Industriebetriebe finde sich heute in forschungsintensiven, zukunftsträchtigen Branchen.

Doch die Gegenwart ist grau wie die schweren Schneewolken über dem CNH-Werksgelände. Die Arbeiter am Tor wollen durchhalten, für den Erhalt des Werkes, mindestens für einen Sozialplan. „Notfalls toppen wir die 40 Tage von AEG“, sagt ein Streikposten. otr/avi

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