zum Hauptinhalt

Berlin: Die Wahrheit liegt in den Fingerspitzen

Kann man schlechtes Gewissen sehen? In der Urania gibt es heute Selbstversuche am Lügendetektor

Die Lüge kann nett sein oder gemein, eine Scherz, Not- oder Schadenslüge, aber sie bleibt die Entscheidung, nicht die Wahrheit zu sagen, ein Stressmoment, das im ganzen Körper wirkt, am meisten in den Fingerkuppen. Da werden die Schweißdrüsen aktiviert und der Hautwiderstand sinkt. Das kann man messen. Mit einem Polygraphen, dem Lügendetektor.

„Der funktioniert aber nur bei Menschen, die nach allgemeinen moralischen Grundsätzen erzogen wurden“, sagt Markus Krost. Der 36-jährige Psychologe ist einer von wenigen Experten am Lügendetektor. Er hält heute in der Urania einen Vortrag mit dem Titel „Lohnt sich lügen doch?“, inklusive Selbsttest am Lügendetektor. Dazu werden die Kandidaten mit dem Polygraphen verkabelt. Gemessen werden der Blutdruck an Knöcheln und Arm, die Atmung am Brustkorb und der Hautwiderstand an zwei Fingerkuppen. Das Prinzip stammt aus dem Jahr 1921, Amerikaner haben die Technik entwickelt und nach Deutschland gebracht. 1945 wurde sie bei den Kriegsverbrecherprozessen verwendet, 1954 als Verstoß gegen die Menschenwürde verboten. 1998 beschloss der Bundesgerichtshof, der Detektor dürfe mit Einverständnis der Testperson eingesetzt werden. Seit 2003 ist er im Prozess endgültig verboten. Weil es Unklarheiten gibt, weil die Kurven Interpretationssache sind. Aber in Verhören, da kommt er zum Einsatz. Da werden Verdächtige nach Täterwissen gefragt. Waren die Socken des Opfers gelb? Blau? Rot? Der Verdächtige sagt immer nein, aber einmal lügt er – und das sieht der Polygraph. Das funktioniere, sagt Krost. Wie auch sein Zahlentest. Die Testperson wählt eine von acht Ziffern aus, die Krost in loser Reihenfolge abfragt, sie soll immer nein sagen – und die Haut an den Fingerkuppen wird zeigen, wann sie lügt. Zuerst stellt Krost unverfängliche Fragen, Puls, Atmung, Fingerkuppenhaut sind entspannt. Bei der Ansage „Jetzt geht’s los“ ein Ausschlag auf dem Monitor. Die Aufregung, sagt Krost. Er fragt die Ziffern ab, die Hautwiderstandslinie läuft in die sanften Wellen, bis er „2?“ fragt und die Kandidatin „nein“ sagt, mit regungslosem Gesicht zwar, aber gesunkenem niedrigem Hautwiderstand. Auf dem Monitor kann man’s sehen. Abführen! ari

„Lohnt sich lügen doch?“ – Vortrag mit Lügendetektortest von Markus Krost, 17.30 Uhr, Urania, An der Urania, Eintritt 5 Euro

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false