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Berlin: Die Wassersportgemeinschaft baut um - die Stege sollen weiter ins Wasser reichen, das Ufer wird renaturiert

Wellen schwappen an den Sandstrand, und der Blick schweift über Wälder und eine beinahe ländliche Kulisse: Als die Mauer noch stand, genossen viele Großstädter hier draußen, am Großen Fenster an der Havel, ein Stückchen "Westdeutschland". Dass diese Ecke der Stadt besonders reizvoll ist, wußten die Berliner schon in den 20er Jahren - damals gingen dort Wassersportvereine vor Anker.

Wellen schwappen an den Sandstrand, und der Blick schweift über Wälder und eine beinahe ländliche Kulisse: Als die Mauer noch stand, genossen viele Großstädter hier draußen, am Großen Fenster an der Havel, ein Stückchen "Westdeutschland". Dass diese Ecke der Stadt besonders reizvoll ist, wußten die Berliner schon in den 20er Jahren - damals gingen dort Wassersportvereine vor Anker. Seit gestern sind nahe der Havelchaussee nun Bauarbeiter am Werk, reißen Bootshäuser und Stege ab. Keine Sorge: Die Idylle bleibt den Berlinern erhalten. Aber aus Gründen des Trinkwasserschutzes muss der Verein "Wassersportgemeinschaft am Großen Fenster" in einem Millionen-Bauprojekt sämtliche Anlagen weiter hinaus auf den Wannsee verlegen und das Ufer renaturieren.

"Still waren die Ufer und geheimnisvoll. Manchmal wandelte der Mond über die dichten Wipfel und goß einen silbernen Lichstreifen über das Wasser. Selten klatschte ein verspätetes Boot seine Ruder ins Wasser - waren es Fischer - waren es Liebende, die mit ihrem Kahn ans Schilf drängten?" - So würdigte einst Hans Ostwald die Gegend. An den schwimmenden Kähnen, ein "geduldetes Provisorium", trafen sich jene, die die "NS-Bonzen auf Schwanenwerder nicht mochten", ist in der Chronik der früheren "Interessengemeinschaft der Wassersportler am Großen Fenster" von 1984 nachzulesen. In den 50er Jahren sollten die Domizile von Seglern und Motorbootbesitzern "wegen angeblicher Verschandelung des Landschaftsbildes" beseitigt werden, berichtete der Tagesspiegel damals.

Die Wasserbetriebe hatten in den 20ern am selben Ufer Trinkwasserbrunnen angelegt, und so entfachte sich ein jahrzehntelanger Streit zwischen Wassersport und Wasserbehörde. Die Interessengemeinschaft hatte sich 1976 gegründet. Zu Beginn der 90er trafen sich die rot-grüne Umweltsenatorin Michaele Schreyer und der Vorsitzende und Motor des Vereins, Peter Czada, gar vor Gericht. Schließlich einigten sich die Kontrahenten. Die früheren Mieter der Bootshäuser "Holstein", "Irmgard" und "Hamburg" zogen zum 1. April 1997 aus und überließen dem neu gegründeten Wassersportverein die drei Bootshäuser zum symbolischen Preis von je einer Mark. Der Verein wiederum entwickelte in Kooperation mit der Umweltverwaltung, dem Bezirk und den Wasserbetrieben ein Umbau-Konzept. Beauftragt wurde die Wasserbaufirma WKL Legebruch. Alle Anlagen müssen rund 30 Meter von der Uferlinie auf den Wannsee verlegt werden, sagte Vereinsmitglied Wolfgang Scheremet. Der erste Bauabschnitt soll spätestens im Frühjahr 2000 beendet sein: Das schwimmende Bootshaus "Holstein" wird über Winter in einer Spandauer Werft überholt - später soll Hafenmeister Tadeusz Dziadula mit Familie dorthin umziehen. Zudem wird es als Clubhaus genutzt und an die Segelschule Hering vermietet, die zwei Stege neu errichtet. "Irmgard" wird abgewrackt, nächstes Jahr ist die "Hamburg" an der Reihe. Die Windsurfschule mit Verleih "Windchiefs" verabschiedet sich aus Berlin, vermutlich in Richtung Potsdam.

Wie kann ein Verein mit rund 150 Mitgliedern ein solches Vorhaben stemmen? Scheremet: "Wir sind zusammengewachsen und hatten immer das Ziel vor Augen, den Umbau zu schaffen." Jedes Mitglied wurde den Möglichkeiten entsprechend zur Kasse gebeten, so kam die Million zusammen. Künftig sollen nun nur noch Segel- und Elektroboote sowie Viertakter festmachen.Infos zu Verein und Liegeplätzen: 324 00 32 oder 803 71 37

Annette Kögel

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