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Berlin: DieKreuzritterinvom Checkpoint Charlie Alexandra Hildebrandt, Chefin des Mauermuseums, hat sich mit ihrer privaten Gedenkstätte

bei vielen unbeliebt gemacht. Am 18. März wird vor Gericht die Räumung entschieden

Alexandra Hildebrandt gehört zu den Menschen, die in anderen nachhaltigen Zorn hervorrufen können. Nicht wenige sind der Chefin des Mauermuseums am Checkpoint Charlie im Zorn verbunden, es kursieren E-Mails voller Boshaftigkeiten über sie. Doch keiner von denen, die Alexandra Hildebrandt schon lange kennen, bestreitet ihre Cleverness als Museumschefin. Darin sind sich alle einig: Alexandra Hildebrandt ist eine gewitzte Geschäftsfrau und Öffentlichkeitsarbeiterin für ihr Museum.

Nur sie selbst bestreitet das: Von Cleverness will Alexandra Hildebrandt nichts wissen, wenn es um das Haus am Checkpoint Charlie geht. Sie redet, ganz die Idealistin, vom „Geist des Ortes“. Wer länger mit ihr zu tun hat, gewöhnt sich daran, dass ihre Äußerungen oft etwas interpretationsbedürftig sind. Das zeigt sich nun an der Auseinandersetzung über die Zukunft ihrer Installation der 1000 Holzkreuze an den beiden ehemaligen Mauergrundstücken am Checkpoint Charlie. Die Bankaktiengesellschaft in Hamm, die die Rechte an den Grundstücken im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren hält, erklärte gestern, am 18. März solle über die Räumungsklage gerichtlich entschieden werden. Erst danach gab Hildebrandt das auch zu. Ähnlich lief es, als vor Wochen herauskam, dass die Museumschefin für den Fall vorgesorgt hat, dass der Trägerverein des Mauermuseums mal nicht mehr ist: Dann wird nicht mehr das Land Berlin das Museum erben, sondern eine Stiftung in der Schweiz, der Alexandra Hildebrandt vorsitzt. Der Sinn der Sache: Der vierköpfige Vorstand der Stiftung kann, sollte sich der Trägerverein auflösen, über die Einkünfte des Museums entscheiden. Die schätzt einer, der es wissen muss, auf anderthalb bis zwei Millionen Euro jährlich. Alexandra Hildebrandt aber sagte dazu jedem, der sich ansprach, nur wütend, das gehe niemanden etwas an. Dabei zeigt die Sache doch, dass sie eine clevere Geschäftsfrau ist.

Nicht nur das. Die kleine schlanke Frau mit den blauen Augen ist eine Provokateurin des Gedenkens. Die 45-Jährige hat eine Leerstelle im öffentlichen Raum mit einer Installation gefüllt, die viele anspricht, auch wenn diese Installation der 1000 Kreuze an einer Mauer aus originalen Mauerteilen historisch nicht ganz korrekt ist. Sie hat Kultursenator Thomas Flierl aufgeschreckt, der sich bislang vor allem um das Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht verdient gemacht hat: 15 Jahre nach dem Fall der Mauer arbeitet die Landesregierung an einem Konzept des Erinnerns, das den Mauerverlauf deutlich erkennbar machen soll, denn das vermissen inzwischen viele Berliner und noch mehr Besucher der Stadt. Und mittelbar hat Alexandra Hildebrandt mit dazu beigetragen, dass es eine Ideenkonkurrenz zum Umgang mit der innerstädtischen Todesgrenze gibt, ein neues Bemühen um die Bernauer Straße, einen Gruppenantrag im Bundestag für einen Gedenkort am Brandenburger Tor.

Von dem Museum, das nun ihres ist, ganz abgesehen. Die Künstlerin aus der Ukraine leitet das Haus, das nach dem Pergamon-Museum die zweithöchste Besucherzahl aufzuweisen hat. Von der Attraktivität des Mauermuseums redet der Berliner Senat mit seiner Freude an Events und Winterzauber und jugendlichen Touristen erstaunlich wenig. Das Haus, auch dafür sorgt die Hildebrandt, entwickelt sich; neue Ausstellungsstücke kommen dazu. Die Rainer-Hildebrandt-Stiftung hat zu Hildebrandts erstem Todestag einen Menschenrechtspreis ausgelobt.

Warum diese Frau dennoch eher wenig öffentliche Unterstützung erfährt, ist nicht leicht zu sagen. Im Senat werden sich die, die mit der Erinnerungskultur und der Stadtgestaltung zu tun haben, von ihr ein wenig getrieben fühlen. Sie will nicht ehrgeizige Museumsmacherin sein, sondern die Pflegerin des Nachlasses von Rainer Hildebrandt, bemüht, bewegt, sanft und noch immer trauernd. 14 Jahre war sie mit Hildebrandt zusammen, sie hat ihn in den späten Jahren gepflegt, sich um ihn gekümmert und ihn eben auch beerbt. Nicht einmal diejenigen, die ihr in nachhaltigem Zorn verbunden sind, würden bestreiten, dass sie es in diesen späten Jahren nicht leicht gehabt hat. Alexandra Hildebrandt trauert weiterhin, jedenfalls nach außen: Auf einem Foto, das an der Kreuzinstallation liegt, klagt sie die rot-rote Landesregierung dafür an, dass es nicht einmal ein würdiges Grab für die Urne mit Hildebrandts Asche gibt. Hildebrandt wollte nahe am Grab von Albrecht Haushofer bestattet werden. Das befindet sich auf einem Notfriedhof an der Wilsnacker Straße, der nicht mehr genutzt werden soll. Alexandra Hildebrandt will eine Ausnahmeregelung. Sie füllt die Rolle der Witwe mit Leidenschaft, die Nachlasspflege ist ihr wichtig. Derzeit lässt sie ein Archiv über Hildebrandt und sein Museum erstellen. Das Haus am Checkpoint Charlie ist ja ihre Existenzgrundlage.

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