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Berlin: „Dieselschweine“ stinken Greenpeace

Umweltschützer protestieren in Berlin gegen die Feinstaubbelastung der Region

Berlin – Das „Dieselschwein“ ist rosa, hat einen Rüssel aus Plastik und Ohren aus Pappmaché. Gebaut worden ist es als VW Lupo; die Umweltorganisation Greenpeace hat es am Mittwochmorgen in einem Käfig vors Rote Rathaus gebracht: zur Erinnerung daran, dass der erwiesenermaßen besonders giftige Anteil des Feinstaubes in der Luft vor allem aus Diesel-Autos ohne Rußfilter stammt. Und als Aufforderung an den Berliner Senat, sich im Bundesrat um die noch immer ungeklärte Frage der Förderung von Nachrüstfiltern zu kümmern.

„Würden alle neun Millionen alten Dieselfahrzeuge in Deutschland mit Filtern nachgerüstet, könnte die Feinstaub-Belastung um ein Viertel sinken“, sagt Günter Hubmann, Greenpeace-Experte für Autotechnik und Verkehr. Berlin sei als Großstadt besonders betroffen – und habe zugleich als Land die Chance, im Bundesrat aktiv zu werden; deshalb der Protest an dieser Stelle. Ein anderer Aktivist hat inzwischen eine Luftmessstation aufgebaut, die die Problematik zeigt: Knapp 60 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft zeigt das Display. Im Tagesmittel ist das mehr, als die EU erlaubt. Zusätzlich zu den Bedingungen der EU-Richtlinie misst das Gerät die Belastung mit noch kleineren Partikeln (bis 2,5 Mikrometer Größe), die als besonders gesundheitsschädlich gelten: 45 Mikrogramm. „Das ist bedenklich“, sagt Hubmann.

Autokäufern rät er, sich entweder einen Neuwagen mit eingebautem Rußfilter zu kaufen oder die Nachrüstung mit einem „geschlossenen Filtersystem“ im Kaufvertrag garantieren zu lassen. „Die ebenfalls angebotenen offenen Systeme sind eine ätzende Mogelpackung“. Der Unterschied zwischen beiden Systemen sei, „als ob man entweder mit einer Rute angelt oder ob man mit Netz fischt“: Offene Systeme, so genannte „Teilfilter“, hielten bestenfalls 30 Prozent der Partikel zurück, geschlossene „Vollfilter“ dagegen 99 Prozent. Greenpeace hält es für skandalös, dass überhaupt noch offene Systeme angeboten werden.

Nachdem sie die dicke Luft vor dem Roten Rathaus dokumentiert haben, fordern die Umweltschützer in einer Petition an den Regierenden Bürgermeister Sofortmaßnahmen. Die Verwaltung verweist aber darauf, dass ein Großteil des Feinstaubes von außen in die Stadt geweht wird und lehnt Fahrverbote für Diesel ohne Filter ab. Erst 2008 sollen Einschränkungen in der „Umweltzone“ innerhalb des S-Bahn-Ringes gelten. Deren Wirkung wird im Luftreinhalteplan der Umweltverwaltung als „hoch“ eingestuft. „Mit unserem Luftreinhalteplan sind wir wegweisend auch für andere Kommunen“, sagt eine Behördensprecherin. Auch sei die vereinbarte Kennzeichnungspflicht für Autos nach Abgaswerten eine Berliner Idee gewesen; die Verwaltung sei also sehr aktiv beim Thema Feinstaub. Im Luftreinhalteplan ist die Feinstaubbelastung als „sehr ernstes Problem“ aufgeführt. In Zahlen: 2005 wurde der Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft in der Silbersteinstraße an 72 Tagen überschritten. Die EU-Richtlinie erlaubt nur 35 Tage. Für dieses Jahr zeichnet sich eine noch schlechtere Bilanz ab: An der Frankfurter Allee wurde das Limit schon an 25 Tagen überschritten. Grund genug für Greenpeace, das „Dieselschwein“ im Käfig zu lassen.

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