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Von wegen Digitalhauptstadt: Die Berliner Verwaltung kommt bei der Digitalisierung nicht hinterher.

© Kai-Uwe Heinrich

Digitale Verwaltung in Berlin: Termin für Einführung der E-Akte gefährdet

Die Zweifel an der fristgerechten Einführung der elektronischen Akte werden immer größer. Es droht eine Klage vor der Vergabekammer.

Die Einführung der elektronischen Akte, also der digitalen Datenverwaltung in sämtlichen Berliner Behörden, ist der zentrale Meilenstein bei der Digitalisierung der Verwaltung – und droht zu scheitern. Bis zum 1. Januar 2023 muss das Projekt umgesetzt werden. So steht es im E-Government-Gesetz, das 2016 noch unter dem von SPD und CDU geführten Senat verabschiedet worden war. Dieser Zeitplan ist gefährdet.

Das liege daran, dass der Zuschlag zur Einführung der E-Akte durch die Vergabekammer noch geprüft werde. Darüber informierte Berlins IT-Staatssekretärin Sabine Smentek (SPD) die Mitglieder des Ausschusses für Kommunikationstechnologie und Datenschutz. Aufgeworfen hatte die Frage der FDP-Digitalexperte Bernd Schlömer. Dieser hatte bereits im Sommer dafür gesorgt, dass die Kündigung des Vertrags zwischen Senatskanzlei und BerlinOnline, verantwortlich für den Betrieb des Stadtportals "Berlin.de", öffentlich wurde.

Smentek zufolge sei der Zuschlag für den mehrere 100 Millionen Euro schweren Auftrag im November erteilt worden. Im Anschluss daran habe ein unterlegener Bewerber eine Prüfung der Vergabeentscheidung bei der Vergabekammer beantragt. Bedingt durch die Weihnachtsferien liege das Ergebnis der Prüfung bislang nicht vor. Wann das soweit sein wird, vermochte Smentek nicht zu sagen. Sie erklärte jedoch, schon seit Beginn der Ausschreibung auf das Risiko einer möglichen Klage hingewiesen zu haben. Klar sei: Kommt die Klage, ist der Zeitplan des nun ohnehin gestoppten Prozesses nicht zu halten.

Davon ist auch Schlömer überzeugt. Dem Tagesspiegel sagte er: „Kommt die Klage, verzögert sich der Prozess um mehrere Jahre.“ Er rechne frühestens im Jahr 2026 mit der Einführung der E-Akte, sagte Schlömer weiter und erklärte: „Damit ist der einzige wirklich festgelegte Meilenstein des EGG überholt, und ich plädiere dafür, ein neues Gesetz aufzusetzen.“ Eine auch von Smentek für das laufende Jahr in Aussicht gestellte Evaluierung des Gesetzes reiche nicht aus, sagte Schlömer weiter. Vielmehr brauche es eine IT-Strategie, die Schwerpunkte, Meilensteine sowie klare Vorgaben zur IT-Sicherheit formuliere.

Zersplitterte IT-Infrastruktur

Daran, dass die E-Akte tatsächlich 2023 eingeführt werde, hatten zuvor bereits Fachpolitiker verschiedener Fraktionen gezweifelt. Der Grund für das schleppende Tempo des Projekts ist die zersplitterte IT-Infrastruktur innerhalb der Berliner Verwaltung. Statt, wie im EGG vorgeschrieben, die digitale Infrastruktur unter dem Dach des IT-Dienstleistungszentrums ITDZ zu zentralisieren, handeln viele Behörden auf Bezirks- und Landesebene weiter auf eigene Faust – mit den bekannten Folgen für Arbeitsabläufe und die IT-Sicherheit.

Die Probleme zeigen sich etwa in den durch Smentek bestätigten Fristüberschreitungen bei der Umstellung der Behördenrechner auf das Betriebssystem Windows10 sowie in erfolgreichen Virus-Attacken wie der auf das Kammergericht. Dort arbeiten mehr als 500 Richter und Mitarbeiter seit Ende September im Notbetrieb, weil das Gericht vom Landesnetz getrennt werden musste. Ein Zeitplan für die Rückkehr zum Normalbetrieb existiert nicht.

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