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Berlin: Diskrepanz in offiziellen Statistiken - angeblich starker Rückgang bei Deliktzahlen in Berlin

Die inzwischen bekannt gewordenen, offiziellen Statistiken zu rechten Straftaten, die im vergangenen Jahr in Berlin begangen wurden, werfen Fragen auf. Die Sicherheitsbehörden konstatieren einerseits für 1999 einen erheblichen Rückgang bei rechtsextremistischen Gewalttaten im Vergleich zu 1998.

Von Frank Jansen

Die inzwischen bekannt gewordenen, offiziellen Statistiken zu rechten Straftaten, die im vergangenen Jahr in Berlin begangen wurden, werfen Fragen auf. Die Sicherheitsbehörden konstatieren einerseits für 1999 einen erheblichen Rückgang bei rechtsextremistischen Gewalttaten im Vergleich zu 1998. Andererseits hat das Potential gewalttätiger und gewaltbereiter Rechtsextremisten deutlich zugenommen. Wie diese Diskrepanz zustande kommt, können jedoch weder die Polizei noch das Landesamt für Verfassungsschutz plausibel erklären.

Die Zahlen im Einzelnen: Basierend auf dem statistischen Rohmaterial des Landeskriminalamts wurden 1999 insgesamt 29 rechte Gewaltdelikte registriert. Auch wenn diese Zahl sich noch ändern dürfte, da Nachmeldungen wahrscheinlich sind, ergibt sich doch gegenüber 1998 mit den damals festgestellten 82 Gewalttaten eine Abnahme um rund 60 Prozent. Im Gegenzug beobachtete das Landesamt für Verfassungsschutz eine Zunahme des Potentials gewaltbereiter Rechtsextremisten von 685 Personen auf 740. Darin enthalten ist die Zahl der Skinheads, die von 500 auf 550 stieg - und die der tatsächlichen Gewalttäter. Sie ging eindeutig nach oben, von 160 auf 190.

Mehr Gewalttäter, aber weniger Gewalttaten? Das Landesamt für Verfassungsschutz verweist auf das Zahlenmaterial des Landeskriminalamts zu Straftaten und betont, es führe keine eigene Deliktstatistik. Kriminaldirektor Stephan Schlange-Schöningen, stellvertretender Leiter Staatsschutz im Landeskriminalamt, versucht die Differenz unter anderem mit gestiegenem Verfolgungsdruck zu erklären. Möglicherweise habe die effiziente Arbeit von Staatsschutz und Spezialeinheit PMS (Politisch Motivierte Straßengewalt) auch dazu geführt, dass Berliner Rechtsextremisten mittlerweise Straftaten eher in anderen Ländern begingen. Brandenburg musste 1999, wie berichtet, deutlich gestiegene Deliktzahlen registrieren. Unklar bleibt allerdings, wie weit Berliner dafür verantwortlich sind.

Die Gesamtzahl aller rechtsextremen Straftaten, die in der Bundeshauptstadt 1999 begangen wurden, ist laut Sicherheitsbehörden wie die Detailzahl der Gewaltdelikte spürbar zurückgegangen. Nach 510 Taten 1998 wurden im letzten Jahr, zumindest vorläufig, "nur" noch 234 festgestellt. Aber auch hier sind Fragen angebracht.

Obwohl nicht jeder Rechtsextremist automatisch straffällig wird, fällt doch auf, dass vom Landesamt für Verfassungsschutz insgesamt mehr Zulauf für das ultrarechte Spektrum gemeldet wurde. Wurden 1998 in Berlin 2690 Rechtsextremisten registriert, waren es im vergangenen Jahr 2785. In der Stadt tummeln sich jedoch nicht nur mehr Gewalttäter. Auch in der Rubrik "Sonstige rechtsextreme Organisationen" wird ein Anstieg verzeichnet. Hingegen stagnieren NPD und DVU. Die "Republikaner" verloren sogar 100 Mitglieder.

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