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Im Fokus: Das historische Zentrum am Roten Rathaus. Es ist von vielen Verkehrsschneisen zerschnitten und lädt kaum zum Verweilen ein. Das soll sich ändern.

© imago stock

Diskussion um die Gestaltung des Herzens der Hauptstadt: Wie Berlins Mitte aussehen könnte

Berlins Mitte ist ungeliebt und lädt kaum zum Verweilen ein, die Berliner bleiben lieber in ihren Kiezen. Die Stiftung „Zukunft Berlin“ lenkte den Blick auf die Brache und lud Experten ein, um über ihre Gestaltung zu beraten. Und es kamen bemerkenswerte Vorschläge.

Das Schloss ist ungeliebt. Unterm Fernsehturm kreist meist Hochprozentiges und es fliegen öfter mal die Fäuste. Man könnte sagen: Das historische Zentrum ist selten für gute Nachrichten gut. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ist mit anderen Baustellen beschäftigt. Und die Berliner bleiben eh in ihren Kiezen – gemütlich, aber in Labels drapiert in Prenzlauer Berg oder im abgerissenen Berliner Schick gestylt in Kreuzkölln.

Zum Schicksal der verlorenen Mitte gehört es, dass sie eben nicht jene engagierte Bürgerschaft bevölkert, die etwa in Schöneberg eine Baumfällung zum kriminellen Akt erhebt. Verdienstvoll ist es deshalb, dass die Stiftung „Zukunft Berlin“ den Blick auf die Brache lenkt und am Donnerstag internationale Experten von außen einlud, sie zu würdigen – und um Anregungen zu deren Gestaltung bat.

Und siehe da, Tobias Goevert, der in London im Bürgermeisterbüro für die Revitalisierung von Stadtbrachen zuständig ist, machte einen bemerkenswerten Vorschlag: Verfolgt doch mal die Laufwege der Menschen durch Mitte und prüft, wo sie nicht hingehen und was ihnen fehlt an den zentralen Orten. Das ist banal? Keinesfalls, denn „es fehlt nicht an Sehenswürdigkeiten, sondern an Verbindungen im öffentlichen Raum“, und dieser sei zudem in „dramatisch schlechtem Zustand“. Wer an die Wüste vor dem Roten Rathaus denkt, die durch Verkehrsschneisen abgekoppelt ist, wird kaum widersprechen.

Goevert kennt das aus London ebenso wie die Stadtplanerin Ute Schneider aus Rotterdam: Sie hat ein Büroviertel auf einer Insel im Zentrum für das städtische Leben zurückgewonnen. Sie siedelte Geschäfte, Cafés und Restaurants in den Erdgeschossen an, machte aus Büros Hotels, sanierte nicht im großen Stil, sondern konfrontierte die Gebäude unterschiedlichen Alters und Zustands miteinander – damit der städtische Raum erschwinglich bleibt.

„Start-ups“ am Fuße des Fernsehturms?

Großen Visionen stehen Stadtplaner ohnehin skeptisch gegenüber, zu oft scheitern geniale Würfe. Interventionen empfehlen sie stattdessen. Warum nicht „Start-ups“ im Gebäude am Fuße des Fernsehturms unterbringen? Her mit den Provisorien, die das bieten, was die Menschen vor Ort vermissen. In London geht das auch mal mit Buden und Märkten. Vor allem aber nie ohne die Menschen, die dort handeln und wandeln.

Deshalb warnen sie auch vor dem Schreckensgespenst Berlin als „Freilichtmuseum“, für das die Simulation des Schlosses stehen kann. Touristen gehen da wohl hin, aber sonst niemand, die Stadt als Vitrine einer präparierten, aufgespießten Vergangenheit.

Es muss nicht so kommen, sagt der New Yorker Stadtplaner Kurt W. Forster. Das Schloss sei auch ein Humboldt-Forum und könne dem Zusammenleben verschiedener Kulturen gewidmet sein – im vitalen, nicht musealen Sinne –, für das die Namensgeber ja auch stehen. Die Humboldt-Brüder: Da ist der Forscher des Innersten der Menschen, ihrer Sprachen – und da ist der Andere, als Erkunder kultureller Grenzen: des Fremden. Das Humboldt-Forum als „größter Kulturbasar Europas“, wie Kleine-Kraneburg es ausdrückt. Heimische und ausländische Kulturinstitute könnten hier ein Stück „intensives Stadtleben“ inszenieren.

Aber kann der Bund das wirklich? Diese Frage wird wohl nicht zuletzt dadurch beantwortet, wie mit dem Vorwurf umgegangen wird, dass „Beutekunst“ zu den Sammlungen gehöre. Letztlich entscheidet darüber auch, welche Vertreter der Kulturen der Welt willkommen geheißen werden in Berlins neuem Schloss.

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