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Diskussionsveranstaltung: Sarrazin rechnet die Deutschen weg

Düster und drastisch: Eine Stunde lang hatte Thilo Sarrazin ein FDP-nahes Publikum auf einer Diskussion in Marzahn-Hellersdorf beeindruckt. Es gab viel Beifall, doch keine Debatte.

Am Ende war Ratlosigkeit. Eine Stunde lang hatte Thilo Sarrazin, Autor des Buches „Deutschland schafft sich ab“, über Einwanderer und Integration gesprochen. Viel Beifall hatten ihm die 120 Zuhörer im Hotel „Schloss Kaulsdorf“ gespendet. Doch Sarrazins Prognose von einem dauerhaft gespaltenen Land, aus vielen Statistiken abgeleitet, führte keineswegs zu einer Debatte – sie brachte die Leute zum Schweigen. Sebastian Czaja, FDP-Abgeordneter aus Marzahn-Hellersdorf und Organisator der Abends, hörte hinterher oft, Sarrazin habe eben einfach „die Tatsachen beschrieben“. Ein Konzept aber, um die prophezeite Spaltung der Gesellschaft zu verhindern, habe er nicht vorgeschlagen.

Auch wenn sie nicht diskutieren wollten – gelangweilt haben sich die Leute nicht. Sarrazin weiß, wie man unterhaltsam redet. Erst plauderte er ein wenig über die Entstehung des bekannten Hartz-IV-Speiseplans bei einem Einkauf. Dann kam er auf die Entstehung seines Buches: Damit sei er in seiner Zeit als Vorstand der Bundesbank gut vorangekommen. Montags habe er sich auf die wöchentliche Sitzung vorbereitet, dann habe er mit den Vorstandskollegen diskutiert – und „ab Dienstagnachmittag fragst du dich, wie du den Rest der Woche füllst“. Wie gut, dass die Bundesbanker wenigstens ordentlich bezahlt werden. Seine Zuhörer hatten für Sarrazins Bekenntnis immerhin Gelächter übrig. Das verging ihnen im Lauf des Vortrags. Er selbst habe für sein Buch den Titel „Deutschland-Dämmerung“ im Sinn gehabt, sagte Sarrazin. Der Titel erschloss sich am Donnerstagabend jedem leicht aus der Bedeutung, die Sarrazin der demografischen Statistik beimisst. Derzeit präge die geburtenstärkste Generation der Nachkriegszeit das öffentliche Leben, sagte er. Doch in vier Generationen würden 70 Prozent der Kinder muslimischen Glaubens sein, sagte er voraus. Diese Kinder würden in einer tendenziell bildungsfernen, bildungsfeindlichen Umgebung groß, weil ihre Eltern vom Staat mit sozialen „Geschenken“ verwöhnt worden seien.

In Amerika verfolge man heute eine Politik des „Non couching“: Wer auf Transferleistungen angewiesen sei, dürfte es sich nicht zu lange auf der Couch bequem machen. Da war Sarrazin bei dem, was sein Parteifreund Heinz Buschkowsky in Neukölln seit langem fordert und, wo möglich, praktiziert. wvb./CD

Thilo Sarrazin will am 15. Februar im Tempodrom über sein umstrittenes Buch „Deutschland schafft sich ab“ diskutieren. Der Verein „Berliner Wirtschaftsgespräche“, Organisator der Veranstaltung, teilt mit, die Veranstaltung sei schon ausgebucht.

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