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Glauben oder nicht, das ist hier die Frage.

© dpa

Disput Berlin: Ohne Religion besser dran?

Zum Start der neuen Diskussionsreihe "Disput Berlin" mit Moderator Stefan Aust wurde hitzig über Glaubensfragen gestritten. Im Publikum waren die Atheisten offenbar in der Minderheit. Es fielen harte Worte - und es gab Nazi-Vorwürfe.

Die zwei Stunden hatten alles, was man sich von einem ordentlichen Schlagabtausch erhofft: Wut, Witz und Argumente, die wie Keulen durch den Saal fliegen. Selbst der Nazi-Vergleich fehlte am Donnerstagabend nicht.

Mit dem Slogan „So geht streiten“ hatte eine neue private Initiative um die Autorin Jutta Falke-Ischinger und den Unternehmer Karl Ratzek zum „Disput Berlin“ in die Villa Elisabeth in Mitte eingeladen. Nicht weniger als ein neues Diskussionsformat will die Initiative in Berlin einführen. Den Podiumsgästen wurde eine These vorgegeben: „Ohne Religion wäre die Welt besser dran“. Daran sollte sich ein Wettbewerb um das beste Argument entzünden. Zum Team der Religiösen gehörten Fürstin Gloria von Thurn und Taxis, der erzkatholische Prälat und bayerisch-schwäbische Wallfahrtsdirektor Wilhelm Imkamp, Alt-Bischof Wolfgang Huber und Publizist Matthias Matussek. Auf der Seite der religiös Unmusikalischen stritten die Soziologin Necla Kelek, der Publizist Alan Posener, die Juristin Monika Frommel und Philipp Möller, Mathematiklehrer und Sprecher der antireligiösen Giordano-Bruno-Stiftung. Zwischen den Fronten saß Moderator Stefan Aust, der sich gleich als „Ungetaufter“ outete, aber hinzufügte, dass ihm Gott das offenbar verziehen habe. Sein Leben sei bisher ziemlich gut verlaufen.

Bevor es richtig los ging, durfte das Publikum in einer Art „Infratest für Arme“, wie Aust es nannte, schon mal abstimmen über die These. Die 250 Gäste, die 24 Euro für die Karte gezahlt hatten, gaben sich zu 56 Prozent als Verteidiger der Religion zu erkennen. Danach hatte jeder Diskutant vier Minuten Zeit, um seine Argumente vorzutragen. Vereinfacht ausgedrückt führten die Religionsgegner ins Feld, dass es alles Gute in der Welt auch ohne Religion gebe und an Gott zu glauben genauso absurd sei wie auf die Zahnfee zu hoffen. Die Religionsverfechter bestritten dies natürlich und behaupteten das Gegenteil, wobei von Fürstin Gloria vor allem die mit Inbrunst vorgetragene Bewunderung für den „Gelehrtenpapst Benedikt“ in Erinnerung blieb und ihr Satz: „Der Aberglaube tummelt sich wie Maden im Fleisch des Christentums“.

Nach der ersten Runde ging die Meinungsumfrage wieder zugunsten der Gläubigen im Saal aus, die die These „Ohne Religion wäre die Welt besser dran“ jetzt schon mit 63,2 Prozent ablehnten. In der zweiten Runde durften die Diskutanten auf Fragen des Publikums antworten. Das war nichts für die Leiseren auf dem Podium. Eigentlich bestritten der Mathematiklehrer Philipp Möller und der katholische Prälat Imkamp die Runde mehr oder weniger alleine – indem sie sich gegenseitig als Nazis beschimpften.

Möller hatte die jüdische und die christliche Religion in der ersten Runde bereits diffamiert, indem er sagte, sie basiere auf der Tradition eines „Hirtenvolkes“. In der zweiten Runde legte er nach: Albert Einstein habe nur deshalb ein großer Wissenschaftler werden können, weil er seinen Glauben, „einen kindischen Aberglauben“, abgelegt habe. „So etwas zu sagen, das geht gar nicht“, fiel ihm Imkamp ins Wort, schon gar nicht in Berlin. Wer so etwas sage, stelle sich in eine Reihe mit den Judenverfolgern. Hui. Da kochte es im Saal. Fürstin Gloria verdrehte die Augen. Matussek sprang Imkamp bei und zitierte Hitler: „Das Gewissen ist eine jüdische Erfindung.“ Die anderen auf dem Podium schwiegen betreten. Das Publikum buhte. „Ist ja furchtbar, dieser Abend“, raunten sich Mitglieder der Kirchengemeinde zu, auf deren Gebiet die Villa Elisabeth und die benachbarte Elisabeth-Kirche liegen und die auf der Empore sitzen durften.

Nach der dritten Runde, in der Atheisten und Gläubige noch einmal ihre Argumente vortrugen, ging es zum Countdown – „jüngstes Gericht, wie es bei Ihnen heißt“, sagte Aust und beugte sich zu den Religiösen: Die Atheisten hatten etwas zugelegt, aber es reichte nicht für einen Sieg. Der Abend endete mit einem sauberen 3:0 für die Frommen. Beim nächsten Disput geht es um die These „Die Ehe ist tot“. Also auch wieder um Glaubensdinge.

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