zum Hauptinhalt
Hanns Dieter Hüsch

© Copyright: imago/teutopress

„Distel“ am Bahnhof Friedrichstraße: Revival-Stück über Hanns Dieter Hüsch

Enge Weggefährten erinnern auf Deutschlands bekanntester politischer Kabarett- und Satirebühne an den großen Kabarettisten.

Er schwärmte zeitlebens von der Stimmung in den Berliner Nachtcafés der Zwanziger Jahre. „Schon als Jugendlicher las ich berauscht die expressionistischen Gedichte, die einst dort vorgetragen wurden“, erzählte Hanns Dieter Hüsch mal in einem Interview. Überhaupt: Die Bohème der Zwanziger, die sich vor allem in Berlin austobte, hatte es dem wohl größten deutschen Kabarettisten der Nachkriegszeit heftig angetan.

Das Romanische Café, damals Künstlertreff am Platz des heutigen Europacenters, war für ihn der „Vatikan des Kabaretts“. Und als er später selbst Karriere auf der Bühne machte, kam er immer wieder gern an die Spree und trat vor allem an der Hochschule der Künste (HdK) und bei den Wühlmäusen auf, gefördert von seinem Freund, dem Konzertveranstalter und Kulturmanager Peter Schwenkow.

„Ihr habt es weit gebracht!“

Nur in seinen letzten Lebensjahren äußerte sich Hüsch zunehmend skeptisch über die Berliner. Sie stünden mehr auf drastische Comedy als auf „Satire mit dem Florett“, bedauerte er. 2005 ist das „schwarze Schaf vom Niederrhein“, wie Hanns Dieter Hüsch oft genannt wurde, gestorben. Doch am Sonntag, dem 6. Mai – es ist der Tag, an dem er 93 geworden wäre – tritt er posthum mal wieder in Berlin auf. Und zwar, wie es seinem Rang gebührt, auf Deutschlands bekanntester politischer Kabarett- und Satirebühne, der „Distel“ am Bahnhof Friedrichstraße

„Ihr habt es weit gebracht!“ heißt das Revival-Stück, in dem man Hüsch nochmal erleben kann, wie ihn seine Fans bis heute lieben: poetisch, literarisch, mit stillem, nachhaltigem Humor und einer spitzen politischen Zunge. Enge Weggefährten haben die Texte geschrieben, Inszenierung und Regie bestritten, und sie spielen auch selbst in den Hauptrollen entsprechend authentisch mit.

Holk Freytag verkörpert Hanns Dieter Hüsch. Er leitete seit 1975 das kleinste Stadttheater der Bundesrepublik in Hüschs Heimatort Moers und ist seit 2015 Mitglied des Hausensembles des Deutschen Kabarettarchivs in Mainz. Dort wurde die szenisch-musikalische Lesung für den Quer- und Gegendenker, der in gut 53 Jahren mehr als 70 eigene Programme produzierte, entwickelt.

Zweite Hauptfigur ist Jürgen Kessler, heute Chef des Kabarettarchiv, aber zuvor, von 1969 bis 2002, Hanns Dieter Hüschs enger Begleiter und Tourneemanager. Wie könnte es anders sein, übernimmt er die Rolle von dessen Schüler und Agenten. Beide wandern durchs vergangenen und aktuelle Zeitgeschehen, bis Hüsch von der Bühne abtritt, die sein Leben war – und Kessler den Meister im Himmel bittet, eine bittere Komödie auf die heutige Politik zu schreiben.

„arche nova II“ nennt sich die Gruppe auf der Bühne, in Erinnerung an Hüschs gleichnamiges eigenes Theater, das von 1956 bis 1961 bestand. Ums Erinnern geht es übrigens am 6. Mai in der Distel auch schon vor der ersten Szene von „Ihr habt es weit gebracht“. Ab 16 Uhr lädt das Deutsche Kabarettarchiv in der Reihe „Kabarettgeschichte(n)“ zum Rückblick auf die Historie der Distel ein. Im Oktober wird sie 65.

"Ihr habt es weit gebracht!“, Hommage an Hanns-Dieter Hüsch, 6. Mai, 19 Uhr, Reservierungstelefon: 2044704, distel-berlin.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false