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Berlin: Dittsche und die Doofen Komiker Olli Dittrich hat ein Buch geschrieben

Ob er Sonntag daraus liest, entscheidet er spontan.

Wenn Olli Dittrich am Sonntag auf die Bühne des Babylon tritt, wird nicht mal er selbst wissen, was in den nächsten zwei Stunden passiert. Die knapp 600 Plätze im Saal werden aller Voraussicht nach voll sein, man wird klatschen, Dittrich wird lächeln, vielleicht eine Verbeugung andeuten und sich setzen, an einen Tisch mit Leselampe. Und dann? „Mal gucken“, sagt er.

Dittrich ist Kabarettist, Schauspieler, Musiker, Komponist und TV-Entertainer, er wurde bekannt durch Comedysendungen, hat mit der Blödelband „Die Doofen“in den Neunzigern alle wichtigen Musikpreise gewonnen und in „Dittsche“ Deutschlands liebsten Imbissbuden-Philosophen erschaffen. Dittrich hat in seinen 55 Jahren ziemlich viel erreicht und einiges erlebt. Jetzt hat er ein Buch geschrieben. Am Sonntag liest er daraus im Babylon in Mitte. Aber eine Buchvorstellung im herkömmlichen Sinne, so viel kann man jetzt schon sagen, wird es nicht.

„Das wirklich wahre Leben“, heißt das Buch. Das ist auch die Unterzeile seiner TV-Serie „Dittsche“. Aber auf dem Cover sieht man nicht den ungeduschten Trinker im weißblaugrauen Bademantel, nicht die Kunstfigur aus dem Eppendorfer Imbiss. Das wirklich wahre Leben, das zwischen den Buchdeckeln steckt, ist in diesem Fall das von Dittrich selbst. Dem in Hamburg aufgewachsenen Sohn eines Journalisten und einer Malerin, der eine Lehre zum Theatermaler machte. Er arbeitete sich vom Packer zum Manager einer Plattenfirma hoch, schrieb Songs für die Prinzen und James Last und tingelte jahrelang mit Oldie- und Schlagerbands durch die Bonner Republik, bevor er als Künstler Erfolg hatte.

Das Buch versucht, den verschlungenen und immer wieder von Tiefschlägen gesäumten Lebensweg Dittrichs nachzuzeichnen. In ungewöhnlicher Form: die Autorin Anne Ameri-Siemens hat das Buch gemeinsam mit Dittrich verfasst. Sie führt ihn an Schauplätze aus seinem Leben, etwa an sein früheres Gymnasium in Hamburg, zum Münchner Olympiastadion, in dem er vor Jahren mit Wigald Boning auftrat, oder ins Springer-Hochhaus, in dem sein Vater arbeitete. Aus den dort geführten Gesprächen macht die Koautorin eine bunte Abfolge von Reportage- und Interviewsequenzen, vermischt mit Anekdoten – von Dittrich selbst geschrieben –, Familienfotos, Zeugnissen oder handgeschriebenen Liebesbriefen aus der sechsten Klasse. Beim Lesen fühlt sich das ein bisschen an, als blättere man in einem fremden Fotoalbum, als erzähle einem Dittrich zugleich die Geschichten hinter den Bildern. Ein sehr privates, irritierend intimes Erlebnis.

Was erwartet also die Besucher am Sonntag im Babylon? „Das mache ich von den ersten Minuten abhängig“, sagt Dittrich. Er macht auch bei einer Lesung das, was er am besten kann: die Menschen beobachten und improvisieren. Er liest ein Kapitel und achtet darauf, wie die Leute reagieren. Lachen sie oder lauschen sie? Wollen sie vorgelesen bekommen oder unterhalten werden?

Je nach Gefühl klappt Dittrich dann vielleicht sein Buch zu und erzählt spontan eine Geschichte aus seiner Zeit mit den „Doofen“. Ein paar Erlebnisse aus dem Tourbus mit „Susis Schlagersextett“. Oder die Anekdote, wie ihm die Idee zu Dittsche kam. Vielleicht macht er auch eine knappe Überleitung und liest ein anderes Stück aus dem Buch. „Alles hängt davon ab, wie die Leute temperiert sind“, sagt Dittrich. Er nennt das Format Leseschau. „Ich liebe den Moment, in dem etwas spontan entsteht“, sagt er. „Und wenn Leute dabei sind, ist das noch besser.“ Jan Stremmel

„Das wirklich wahre Leben – eine Leseschau“, Babylon, Rosa-Luxemburg-Str. 30, Mitte. Sonntag, 28. 10, Beginn 20 Uhr. Restkarten gibt es an der Abendkasse.

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