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Neue alte Töne. Nagasaka sammelt alte Platten aus seiner Heimat.

© Thilo Rückeis

DJ Ononiionioniion: Mit japanischem Schlager durch Berlins Kneipen

Als DJ Ononiionioniion legt Taishi Nagasaka japanische Schlager–Hits auf. Denn für Nippon-Fans hat Berlin viel zu bieten: Zum Beispiel das Japan-Festival in der Urania am Wochenende.

Wenn man davon ausgeht, dass man sich als DJ einen möglichst leicht auszusprechenden Namen zulegen sollte, dann hat Taishi Nagasaka alles falsch gemacht. Der vor sechs Jahren nach Berlin gezogene Japaner nennt sich bei seinen Jobs hinter den Plattenspielern – Achtung, hier verstecken sich keine Schreibfehler! – DJ Ononiionioniion.

Er habe seine langen Haare früher gerne hochgesteckt, erzählt er, sie haben dann die Form einer Zwiebel gehabt – im Englischen „onion“ – daraus sei sein DJ-Name entstanden. Die Zwiebel scheint es ihm angetan zu haben, in einer Band mit dem Namen Cozmik Onion Express spielt er Gitarre.

Seit gut einem Jahr legt Taishi Nagasaka in Berliner Kneipen Musik auf, die sonst niemand im Angebot hat: Japanischen Rock und J-Pop, eine Art japanischen Schlager, aus den Sechzigern, Siebzigern und Achtzigern. Und das so gut wie ausschließlich mit alten japanischen Vinyl-Singles, um die Retro-Aura seiner Musikabende zu unterstreichen.

Auch beim Auflegen eröffnet er seinen Plattenladen

In seiner Wohnung in Tempelhof stapeln sich 7-Inches in Pappkartons. Allein die Cover dieser alten Platten sind sensationell: J-Pop-Queens räkeln sich vor kitschig malerischen Kulissen und japanische Jungsbands aus den Sechzigern zeigen überdeutlich, dass für sie vier Pilzköpfe aus Liverpool die Allergrößten sind.

Über Umzugsunternehmen in Japan sei er an die alten Platten herangekommen, erzählt der 34-Jährige. Manche Singles habe er doppelt und dreifach.

Taishi Nagasaka ist in der japanischen Millionenstadt Nagoya aufgewachsen, hat eine Weile in Tokio gelebt und ist dann vor zehn Jahren nach London gezogen. „Wegen der Musik. England ist das Land der Popmusik, der Kinks, der Beatles.“

Berlin als Sehnsuchtsort

Für japanische Künstler galt die Metropole an der Themse lange Zeit als Sehnsuchtsort, doch nun übernimmt Berlin diese Rolle. Berlin ist weit billiger, was auch für Japaner eine Rolle spielt, deren Heimat schon seit Jahren in einer wirtschaftlichen Krise steckt.

Außerdem sei es in Deutschland viel unkomplizierter mit dem Visum, berichten viele Japaner. Auch die Mitglieder der experimentellen Rockband Group A, die wie Taishi Nagasaka von London weiter nach Berlin gezogen sind und am 4. Februar beim Berliner Musikfestival CTM auftreten werden, erzählten einem englischen Musikmagazin, sie hätten das Gefühl, in London seien junge japanische Künstler wie sie nicht mehr erwünscht. Ganz anders in Berlin.

Hier scheint sogar eine wahre Japan-Begeisterung ausgebrochen zu sein. Nach der Sushi-Welle sind es nun die Ramen-Nudelsuppen-Restaurants, von denen es immer mehr gibt. Selbst Katzen-Cafés wie in Tokio findet man mehrfach in Berlin: Kaffee trinken und nebenbei einen Kater kraulen.

Junge Japaner kommen nach Berlin

Im Herbst eröffnete in Dahlem das Samurai Art Museum, kommendes Wochenende steigt im Urban Spree in Friedrichshain ein Sake-Festival. Und Mitte Februar zeigt das Kreuzberger Kino Moviemento beim Okinawa-Filmfestival Filme aus der gleichnamigen Präfektur.

„Du musst nur sagen, dass du irgendetwas zum Thema Japan machst und die Leute kommen zu deiner Veranstaltung“, sagt Taishi Nagasaka.

Das kann auch Christian Wagner bestätigen, der an diesem Wochenende zum neunten Mal sein Japan-Festival in der Urania veranstaltet. „Das Interesse an allem rund um Japan ist in den letzten Jahren gestiegen.“ Auch er bekomme mit, dass es vor allem immer mehr junge Japaner nach Berlin ziehen.

„Weil sie sich in Berlin ganz anders ausleben können als in Japan mit seinen viel konservativeren gesellschaftlichen Strukturen.“ Um die 400 Künstler, Musiker und Akteure sind beim Festival dabei, dazu 80 Aussteller.

"1000 rote Rosen"

Auf dem Programm stehen etwa Kimono-Präsentationen, Bonsai, japanischer Whiskey und eine „Gothic-Lolita-Style-Modenschau“. Das dürfte auch Japaner anlocken, die in Berlin leben, schätzt Wagner. Zuletzt waren mehr als 3500 hier gemeldet, haben Berlin also zu ihrer Wahlheimat gemacht.

Auch Taishi Nagasaka ist angekommen: Mit dem Gitarristen der Band Isolation Berlin macht er als „Jaguar No Me“ Musik. Außerdem stellt er die Kunstfigur Mr. Tai von Sternenstaub dar.

In dieser Rolle hat er mit Isolation Berlin das schaurig-trashige Lied „1000 rote Rosen“ aufgenommen. J-Pop trifft deutschen Schlager, vielleicht wird das ja der nächste Hype in Berlin.

DJ Ononiionioniion legt heute in der IPA Bar, Karl-Marx-Straße 195, auf und verkauft japanische Platten. Los geht’s um 22 Uhr.

Das Japan-Festival in der Urania findet heute und morgen statt, alle Infos dazu unter www.japanfestival.de.

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