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Berlin: Donnergrollen an der Oder

Am 14. April 1945 beganndie Rote Armee mitAngriffen auf deutscheTruppen - als AuftaktzurGroßoffensive

Der erste Angriff begann am 14. April 1945 in aller Frühe mit „Erkundungsgefechten“. Gegen 7 Uhr trat der „Feind“ zu starken Teilangriffen gegen die deutschen Truppen vor Berlin an, wie die 9. Armee an die Führung der Heeresgruppe Weichsel meldete. Einer späteren Großoffensive vorausgehende Erkundungen gehörten zu den Gewohnheiten der Roten Armee, man wollte die deutsche Führung durch ein „erstes Donnergrollen“verunsichern - aber diese hatte die Strategie längst durchschaut. Mit dem Beginn der „Großoffensive“ rechneten Hitler und seine führenden Militärs seit den ersten Apriltagen. Alle Anzeichen, nicht zuletzt der gewaltige Aufmarsch des Gegners im Oderbruch, sprachen dafür.

Die Russen hatten ihre Winteroffensive über die Oder ins Zentrum des Reiches im Februar nicht fortgesetzt. Doch Mitte April ließ die Gesamtlage aus Sicht Stalins ein längeres Zögern nicht mehr zu. Angesichts der Erfolge der Westalliierten wollte er für sein Land militärische Erfolge sichern und damit seine spätere Position bei Friedensverhandlungen stärken. Andernfalls fürchetete die sowjetische Führung „nicht wiedergutzumachende Auswirkungen“.

Aus diesem Grunde hatte die Rote Armee drei Fronten (Heeresgruppen) in einer Stärke von 2,5 Millionen Mann mit mehr als 6000 Panzern, mehr als 7000 Flugzeugen und 41 000 Geschützen und Granatwerfern für die künftige „Berliner Operation“ bereitgestellt. Sie sollten die deutsche Verteidigung an der Oder durchbrechen, die Wehrmachtstruppen ostwärts Berlins vernichten und schnell die Elbelinie erreichen. Auf diese Weise wollte man die deutsche Armee vor Berlin zerschlagen, um danach ohne größeren Widerstand in der Hauptstadt einzumarschieren. Die spätere Schlacht um Berlin entsprach nicht den Planungen.

Den entscheidenden Angriff hatte die von Marschall Schukow geführte 1. Weißrussische Front zu führen. Sie sollte die Verteidigung der gegenüberliegenden deutschen 9. Armee aufbrechen . Am 6. Angriffstag sollte Berlin eingenommen und die Elbe spätestens bis zum 15./16. Tag der Operation erreicht sein. Dafür stand dem Marschall rund die Hälfte der für die Gesamtoperation bereitgestellten Verbände zur Verfügung. Politische und militärische Zwänge der „großen Lage“ ließen keine zeitraubenden Manöver zu, so dass er sich gezwungen sah, seine Offensive aus dem erkämpften Brückenkopf beiderseits Küstrins zu beginnen.

Dessen geringe Größe und Lage unterhalb der Seelower Höhen, die das Oderbruch im Halbkreis umfassen, war für seine Truppen äußerst ungünstig. Die Konzentration von sieben Armeen auf rund 300 Quadratkilometern blieb der deutschen Seite nicht verborgen, doch mangels Munition und Ausrüstung konnte sie diese Chance nicht nutzen. Der Raum für den russischen Aufmarsch war derart beengt, dass sich, manche Kommandeure um den Platz für ihre Geschütze stritten. Hinzu kam, dass die Seelower Höhen das Oderbruch wie eine Mauer begrenzten und deshalb frontal schwer zu nehmen waren.

Der erfahrene Heerführer Schukow suchte nach Auswegen. Dazu gehörten noch mehr Täuschungsmanöver, also verstärkte Vorausangriffe, die zwei Tage länger als geplant durchgeführt wurden. Und die eigentliche Offensive startete Schukow dann nachts bei Scheinwerferbeleuchtung - eine unglückliche Entscheidung. Denn die Sichtverhältnisse waren dadurch extrem schlecht. Das verunsicherte die eigenen Soldaten mehr als die deutschen Gegner.

— Richard Lakowski (66) war bis 1996

wissenschaftlicher Mitarbeiter am Militärgeschichtlichen

Forschungsamt

Potsdam und forscht bis heute zum

Zweiten Weltkrieg.

Richard Lakowski

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