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Berlin: Doppelt unter Druck

Gegen Brandenburgs Wirtschaftsminister Christoffers gibt es neue Vorwürfe.

Potsdam - Brandenburgs neuer Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) muss erneut eine Affäre in seiner rot-roten Regierung managen. Nach dem Rücktritt von Justizminister Volkmar Schöneburg gerät nun Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (beide Linke) massiv unter Druck. Gegen den Minister,der vom Landesrechnungshof jüngst wegen der Drei-Millionen-Förderung für das bereits kurz vor der Insolvenz stehende Solarunternehmen Odersun gerügt wurde, sind erneut Vorwürfe erhoben geworden. Und wieder geht es um Fördermittel, diesmal für die unter Betrugsverdacht stehende, seit wenigen Tagen ebenfalls insolvente, aus den USA stammende Firma Human Bio-Sience (HBS) in Luckenwalde. Zwei Firmen-Manager wurden von der Staatsanwaltschaft Potsdam in Luckenwalde und Berlin verhaftet. Beide sitzen in Untersuchungshaft. Bei der Razzia fand man gefälschte Rechnungen und Lieferscheine über eine Summe von 6,52 Millionen Euro, um die Freigabe von Fördermitteln zu erreichen.

Nach Recherchen dieser Zeitung und des RBB-Politmagazins „Klartext“ hatte sich Christoffers 2012 persönlich in den Streit um Fördergelder zwischen der Landesförderbank ILB und der Firma eingeschaltet – nachdem die ILB aufgrund von Unregelmäßigkeiten die Staatsanwaltschaft eingeschaltet und die Auszahlung von 3,5 Millionen Euro zunächst gestoppt hatte. Auch das Finanzamt hatte bei einer Betriebsprüfung vergeblich nach einem Teil der geförderten und abgerechneten Investitionsgüter und Bauten gesucht und Ermittlungen eingeleitet. HBS-Chef Michael de Marie erklärte kurz vor seiner Verhaftung, dass nach zwei Treffen 2012 mit dem Minister bis dahin blockierte Gelder von der ILB ausgezahlt wurden. In Luckenwalde steht heute statt einer Pflaster-Fabrik die Ruine eines nicht einmal halbfertigen Rohbaus.

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte zu den Förderfällen dem Tagesspiegel: „Ich gehe davon aus, dass der Minister die Vorwürfe ausräumen kann.“ Den gleichen Satz hatte er auch kurz vor dem Rücktritt Schöneburgs gesagt. Christoffers wies den Vorwurf zurück, persönlich Einfluss auf die Auszahlung der Fördergelder durch die ILB an die Biotech- Firma genommen zu haben. ILB-Vorstand Tilmann Stenger sagte dazu: „Es hat keine Weisung des Ministers gegeben.“ Wirtschaftsministerium und ILB haben laut Christoffer „keine Kenntnis“ über laufende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gehabt, als die zweite Rate ausgezahlt wurde. Die Firma habe Anspruch auf die Gelder aufgrund eines geltenden Bescheides aus dem Jahr 2008 gehabt.

Für Christoffers kommen die Verhaftungen zur Unzeit: Er steht seit Monaten wegen der Odersun-Affäre unter Druck. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob sie wegen Untreue gegen ihn ermittelt. Der Rechnungshof hatte erst im Dezember die ihm angeordnete Auszahlung einer Notbeihilfe von drei Millionen Euro an die eigentlich insolvente Firma als eigenmächtig und vorschriftswidrig gerügt. Allerdings erwartet das Ministerium, dass nach dem jetzt erfolgten Verkauf eines Grundstücks aus der Odersun-Insolvenzmasse rund 2,3 Millionen Euro in die Landeskasse zurückfließen. axf/pet/thm

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