Der Personalabbau in den Bezirken hat überall weitreichende Folgen. Das ergab eine Umfrage des Tagesspiegels bei allen Bezirksbürgermeistern. Vor einem Monat hatten sie wie berichtet eigene Vorschläge beschlossen, um die Lage in den kommunalen Behörden und Einrichtungen zu verbessern. Jetzt warten sie darauf, dass der Senat Stellung nimmt – bisher vergeblich. Nur Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) reagierte auf das Konzept. Er forderte die Bezirke auf, „effektiver zu arbeiten“. Das kam bei den Betroffenen nicht gut an.
„Herr Nußbaum kennt nicht alle Aufgaben der Bezirke“, kommentierte der Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD). Sein Amtskollege Andreas Geisel aus Lichtenberg (SPD) sprach von einem „Machospruch weit unter Nußbaums Niveau“ und der Reinickendorfer Bürgermeister Frank Balzer (CDU) erinnerte daran, dass die Bezirke seit mehr als 15 Jahren einem „permanenten Rationalisierungsdruck“ ausgesetzt seien. Mehrere Bürgermeister verwiesen darauf, dass die Bezirke seit Jahren an ihrer Effizienz arbeiten. Der vom Senat verordnete Stellenabbau bewirke das Gegenteil und führe zu Kostensteigerungen an anderer Stelle und sinkender Qualität der bezirklichen Dienstleistungen. Die Bürgermeister schildern konkrete Auswirkungen anhand von Beispielen. Hier eine Auswahl, Bezirk für Bezirk:
Marzahn-Hellersdorf
Baumaßnahmen verzögern sich, weil Bauplaner und -betreuer fehlen. Lange Wartezeiten gibt es in den Bürgerämtern, neue Stellen werden zu langsam besetzt, weil auch die Personalabteilung unterbesetzt ist. Die Krankenquote hat sich innerhalb von zwei Jahren auf 10 Prozent verdoppelt. Elf Jugendfreizeitheime wurden an private Träger übertragen, alle Stellen für Sportplatzwarte wurden gestrichen und diese Aufgabe an Private vergeben.
Spandau
Bei den Hilfen zur Erziehung werden im Zweifel höhere Sätze genehmigt, weil die Mitarbeiter nicht genug Zeit für die Prüfung haben. Beim Gebäudemanagement fehlen Architekten und Ingenieure, deshalb müssen private Planungsleistungen und Bauleitungen teuer eingekauft werden. 2014 kostet das 4,5 Millionen Euro, die Verwaltung käme mit eigenem Personal mit 1,5 Millionen Euro aus. Viele Mitarbeiter stünden kurz vor dem Burn-out.
Pankow
Probleme gibt es in allen Ämtern. Einrichtungen wurden in letzter Zeit nicht geschlossen, es gebe ja auch nicht mehr viele. Wer Bau- oder Sozialanträge stellt, muss mit langen Wartezeiten rechnen. Der Zustand von Spiel- und Grünanlagen, einschließlich des Grüns an den Straßen, sei ein „Spiegel der Personalausstattung“. Beschwerden nähmen zu.

Charlottenburg-Wilmersdorf
Engpässe gibt es nicht nur bei den Bürgerämtern und dem Ordnungsamt, sondern auch im bezirklichen Gesundheitswesen. So kommt es beim Zahnärztlichen Dienst, dem Sozialpsychiatrischen Dienst und der Beratungsstelle für Behinderte immer öfter zu langen Wartezeiten. Ähnliches gilt für Grundsicherung, Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfen. Sprechstunden werden eingeschränkt, die Elterngeldstelle musste ein halbes Jahr schließen.
Tempelhof-Schöneberg
In fast allen Bereichen der Bezirksverwaltung gibt es verringerte Leistungen, längere Wartezeiten und Qualitätseinbußen. Das Finanzbudget für 2015 wird weitere Einschränkungen bringen. Wo, steht noch nicht fest.
Mitte
Im Sozial-, Jugend- und Gesundheitsamt wurden Stellen abgebaut. Personalnöte beim Straßen- und Grünflächenamt führten zu einer Verwahrlosung des öffentlichen Raumes, die Fremdvergabe an Private sei möglich, aber unwirtschaftlich. Mit eigenem Personal in den Tief- und Hochbauämtern könnte preiswerter und störungsfreier gebaut werden. Die Vergabe von Aufgaben an freie Träger und an Unternehmen im Sozial- und Jugendhilfebereich sei ebenfalls teuer.
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