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Berlin: Drehen und winden

Döner-Imbisse klagen über Kundenverlust

Die Wut von Ahmet Dedes auf „die da oben“ ist groß. Seit Gammelfleischfunde in Berlin Schlagzeilen verursachen, bleiben bei dem Dönerverkäufer am Kottbusser Tor die Kunden aus. Der Ladenbesitzer gibt laxen Kontrolleuren und der Politik generell die Schuld. „Die drücken die Augen viel zu oft zu“, schimpft Dede. Für ausbleibende Kundschaft hat er aber Verständnis: „Wer möchte schon seine Gesundheit riskieren?“ Sein Fleisch sei aber in Ordnung. An der Wand seiner Imbissbude hängt eine Garantie für gutes Fleisch von seinem langjährigen Zulieferer „Metrom“ aus der Walderseestraße.

„Wir müssen für die Fehler von Politik, Groß- und Zwischenhändlern geradestehen“, stimmt Kollege Özener Özen, 48, aus der Potsdamer Straße zu. „Seit ein bis zwei Wochen bleiben bei mir die Kunden aus.“ Özen verkauft seit neun Jahren „Chicken Döner“ – dieser darf aus Puten- und Hähnchenfleisch bestehen. „Erst die Vogelgrippe, jetzt Gammelfleisch“, seufzt er. Geflügeldöner gibt es auch bei „Habibi“ in der Oranienstraße in Kreuzberg. Verkäufer Al Heli baut macht seine Spieße selber aus Hähnchenfleisch vom Großmarkt in der Beusselstraße. Das Fleisch werde angetaut geliefert: „Dann kann ich es gleich verarbeiten.“ Im türkischen Restaurant „Hasir“ in der Adalbertstraße tragen die Mitarbeiter weiße Hemden und schwarzen Fliegen. Drei der sechs Hasir-Filialen verkaufen Fleisch vom Drehspieß – 250 Kilo täglich. Wo es herkommt, möchte Verwaltungschef Ilhami Izci nicht sagen. Seiner Firma stellt er trotzdem einen Persilschein aus: „Unsere Köche erkennen gutes Fleisch am Aussehen und am Geruch.“ Auch Izci beschwert sich indes über laxe Kontrollen im Handel: „Wir kontrollieren unsere Restaurants. Aber wer kontrolliert die Händler?“ Wesentlich weniger Kunden als vor dem Skandal habe er aber nicht. Vom Kundenrückgang seien vor allem die preisgünstigeren Kebabbuden betroffen.

Anders als Izci vertraut der Verkäufer im „Istanbul Grill“ an der Bülowstraße nicht auf seine Nase: „Schlechtes Fleisch würde ich nicht erkennen.“ Er schätze aber seinen Großhändler, sagt der Mann, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

Einige Kunden, die sonst gern Chicken-Döner essen, sind jetzt aber verunsichert. „Das ganze System ist nicht vertrauenswürdig“, sagt die Studentin Barbara Ruhmann. „Fleisch esse ich nur noch bei meiner Oma in Bayern.“

Johannes Boie

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