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Berlin: Drei Pfleger hielten Mcjonny A. in Schach

Unberechenbar, aggressiv und schizophren? Der dritte U-Bahn-Schubser in diesem Jahr vor Gericht

Wie zu einer Reggae-Party hatte sich der Angeklagte ausstaffiert: Er trug eine rot-gelb-grüne Ballonmütze, einen weiten Umhang, Sonnenbrille. Mcjonny A., mit bürgerlichem Namen Mohamed C., ist aber alles andere als ein harmlos-flippiger Typ. Drei Pfleger der Psychiatrie saßen gestern sprungbereit mit im Saal 806 des Berliner Landgerichts. Der 28-jährige Mann aus Guinea gilt als unberechenbar und aggressiv. Seit gestern muss er sich als U-Bahn-Schubser wegen versuchten Mordes verantworten.

Am 17. August 2002 hat er auf dem U-Bahnhof Paradestraße in Tempelhof eine 25-jährige Kreuzbergerin vor einen einfahrenden Zug gestoßen. Es hatte zuvor keinen Wortwechsel zwischen Täter und Opfer gegeben. Völlig unvermittelt stieß er die Frau kurz nach 14 Uhr vor die Bahn. Die Studentin wurde vom Zug erfasst, aber nicht überrollt. Sie erlitt schwerste Kopfverletzungen und zahlreiche Knochenbrüche. Im Prozess tritt sie als Nebenklägerin auf.

Die dritte Verhandlung gegen einen U-Bahn-Schubser in diesem Jahr aber läuft anders als die ersten hinter verschlossenen Türen. Auf Antrag der Verteidigung schlossen die Richter die Öffentlichkeit aus. Ziel des Verfahrens sei die Unterbringung des Mannes in einer psychiatrischen Anstalt, hieß es in der Begründung. Er soll aufgrund einer paranoiden Schizophrenie schuldunfähig sein. So steht es in einem von der Justiz in Auftrag gegebenen Gutachten.

Der wegen Drogendealereien, Körperverletzung und Sachbeschädigung polizeibekannte Angeklagte war kurz vor dem schrecklichen Geschehen in psychiatrischer Behandlung. Am Tag vor der Tat wurde der drogenabhängige Asylbewerber aus der Psychiatrie des Kreuzberger Urban-Krankenhauses als „ambulant behandelbar“ entlassen – der Staatsanwalt sprach nun am Rande des Prozesses von einer „Fehleinschätzung, die möglich war“. Es sei damals „nicht so deutlich“ gewesen, dass der Beschuldigte an einer psychischen Erkrankung leide.

Kurz nach der Entlassung aus der Klinik hatte es die Justiz in der Hand, die Allgemeinheit vor Mcjonny A. zu schützen. Die Polizei führte den Asylbewerber einem Haftrichter vor, weil er im Krankenhaus randaliert hatte. „Das ist mein Zuhause“, soll er gerufen und sich geweigert haben, die Klinik zu verlassen. Der Haftrichter aber sah keinen Grund, den Mann weiter festzuhalten. Zwei gewalttätige Übergriffe in den Vormonaten waren dem Richter offenbar nicht bekannt. Mcjonny A. soll bereits im Mai 2002 in der Psychiatrie der Brandenburgischen Landesklinik einen Pfleger mit einer Scherbe in den Bauch gestochen und einen Monat später in einer Berliner Klinik eine Patientin missbraucht haben.

Kerstin Gehrke

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