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Berlin: Drogenabhängiger verurteilt: 13 Jahre Haft für 13 Banküberfälle

Was macht ein Gericht mit einem Bankräuber wie Rainer S., der seine Komplizen zwang, nur ungeladene Waffen zu benutzen und der grundsätzlich keine Geldinstitute überfiel, wenn unter den Kunden Kinder und alte Frauen waren?

Was macht ein Gericht mit einem Bankräuber wie Rainer S., der seine Komplizen zwang, nur ungeladene Waffen zu benutzen und der grundsätzlich keine Geldinstitute überfiel, wenn unter den Kunden Kinder und alte Frauen waren? Am Montag musste sich der 36 Jahre alte Restaurantfachmann wegen 13 Überfällen vor dem Berliner Landgericht verantworten. Zwischen März 1996 und Ende April 1999 hatte Rainer S. als Chef einer elfköpfigen Bande in Berlin und Umgebung rund 900 000 DM erbeutet.

Die Überfälle waren immer genauestens geplant. So beraubte der Angeklagte Rainer S. beispielsweise am 24. Juni 1996 gemeinsam mit vier weiteren Bandenmitgliedern eine in Britz gelegene Filiale der Berliner Bank. In der Nähe des Geldhauses postierte Mittäter sollten über Handys vor möglichen Polizeistreifen warnen, ein Fluchtwagen war unweit des Tatortes geparkt. Der Weg zur Bank selbst wurde mit Fahrrädern zurückgelegt. Dann stürmten die mit Motorradhauben vermummten Täter die Bankfiliale.

Der sympathisch wirkende Mann, dem nicht nur die Zuhörer seine Reue abnahmen, hatte im Verlauf des Verfahrens immer wieder versichert, dass es ihm leid tue, die Kunden und Angestellten in den überfallenen Geldinstituten erschreckt zu haben. Nicht zuletzt war es der Staatsanwaltschaft durch seine Geständnisse möglich gewesen, den gesamten Umfang der in wechselnder Besetzung begangenen Überfälle lückenlos aufzuklären und die anderen Bandenmitglieder vor Gericht zu bringen. Erst in der vergangenen Woche waren zwei andere Mitglieder der Bande zu vier und sieben Jahren Haft verurteilt worden. Beide Männer waren jeweils nur wegen eines Überfalls auf eine Sparkassenfiliale in Buchholz angeklagt.

Die 17. Große Strafkammer unter dem Vorsitzenden Richter Baae gestand Rainer S. wegen seines hohen und kontinuierlichen Kokainmissbrauchs eine verminderte Schuldfähigkeit zu. Die immensen Kosten seiner Sucht hätten ihn zu immer neuen Überfällen getrieben, brachte S. zu seiner Verteidigung vor. Um so erstaunlicher mutet die Rücksichtnahme an, die Rainer S. bei seinen Überfällen an den Tag legte. Nie habe er die Überfälle "um jeden Preis" durchgeführt. So hatte er beim Überfall auf eine Postbankfiliale auf die Mitnahme des Geldes verzichtet, weil sich eine Kundin schreiend auf den Boden geworfen hatte.

Erst im Dezember vergangenen Jahres war Rainer S. wegen sieben Raubüberfällen in der Umgebung von Frankfurt / Oder zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Damals soll ihm die dortige Staatsanwaltschaft zugesichert haben, dass die übrigen, in Berlin anhängigen Verfahren eingestellt werden. Ein rumänisches Bandenmitglied, das scharfe Waffen besorgt und selbst an sechs Raubüberfällen mitgewirkt hatte, wurde von der dortigen Staatsanwaltschaft mit einer Bewährungsstrafe auf freien Fuß gesetzt.

Die Rechtsanwältin Yosma Karagöz, die Rainer S. verteidigte, wies vergeblich darauf hin, dass Kinderschänder, die ihre Opfer oft für ihr ganzes Leben schädigen, milder bestraft würden als ihr Mandant. Unter Einbeziehung der früheren Verurteilung muss Rainer S. für insgesamt 13 Jahre hinter Gitter.

Richter Baae erklärte bei der Urteilsverkündung, dass von Rainer S. nie eine Gefahr für die von den Überfällen betroffenen Menschen ausgegangen sei. Er wies ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Therapie für S. hin. Auch der Staatsanwalt, der in seinem Plädoyer 14 Jahre Haft gefordert hatte, sagte, dass Rainer S. kein "gewissenloser Mensch" sei. Er wolle "alles in seiner Macht stehende tun", um ihm in der Haft behilflich zu sein.

Peter Murakami

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