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So blumig, so volksnah, so wählbar? Die Grünen ernten Häme für ihren Volkslied-Wahlspot.

© imago images/Action Pictures

Dudel-Pop statt Partei-Punk: Volkslied-Spot der Grünen ist das gesungene Lastenrad

Die Partei, die mit Baerbock in die Regierung will, hat aus „Kein schöner Land“ einen Wahlspot gemacht. Es war klar, dass das schief geht. Ein Zwischenruf.

Ein Zwischenruf von Julius Betschka

Es muss diesen einen magischen Moment im Laufe eines Wahlkampfs geben. Es sitzen erfahrene Politiker:innen zusammen und treue Parteiseelen, vielleicht wurde schon etwas getrunken. Eine Stimme ruft: Ein Lied, wir brauchen ein Lied! In diesem Wahlkampf versuchen es die Grünen mit dem Song „Ein schöner Land“.

Es ist eine Umdichtung des romantischen Volkslieds „Kein schöner Land in dieser Zeit“ von Anton Wilhelm von Zuccalmaglio, 1840 erstmals veröffentlicht – übrigens unter dem Titel „Abendlied“. Das hätte zu denken geben können. Aber egal.

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Im Jahr 2021 wurde fröhlich-schief „Bus und Bahn“ auf „Wlan“ gereimt, an anderer Stelle holpert der Text, weil auch lyrisch „Jeder“ und „Jede“ bedacht werden muss – Gleichberechtigung macht auch vor Versmaß nicht halt. Ganz lieb milchgesichtig-protestantisch kommt das Liederl daher, das gesungene Lastenrad sozusagen. Groß gearbeitet wird nicht, es ist ein schöner Land in grüner Zeit: Bienen, Blumen, Barbecue im Garten. Eine politische Baumarktwerbung. Oder doch ein Scherz von Bank-Azubis?

Nun hat der Wahlkampfsong eine lange, wechselvolle Kulturgeschichte. Es gibt quasi keine Möglichkeit, ihn irgendwie lässig oder nachdenklich erscheinen zu lassen, meint man es bierernst. CDU und SPD können da ein Lied von... Sie wissen schon. Es sei denn, ja, es sei denn, man überwindet die eigene Scham und macht Partei-Punk statt Dudel-Pop.

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Da war zum Beispiel der völlig schmerzbefreite „Der Ingo Senftleben Song“, den CDU- Freunde 2019 für den Brandenburger Spitzenkandidaten schrieben. „Wer haut Verbrechern auf den Po? Ingo! Ingo!“, heißt es darin.

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Oder der sachsen-anhaltische SPD-Mann Mario Henning, der 2013 mit dem Schlager „Harzer Südwind“ in den Bundestag wollte: „Der Sommer, er wird heiß, wir ziehen mit viel Fleiß / Mit dem Septemberwind, der uns die Zukunft bringt.“ Henning schaffte es zwar nicht nach Berlin, aber einmalig in den „Spiegel“. Legendär auch CDU-Mann Jürgen Rüttgers, der 2010, in seinem letzten Jahr als Ministerpräsident, zur Melodie von „YMCA“ eine schiefe Huldigung auf Nordrhein-Westfalen abgab.

Na ja, „It’s better to burn out than to fade away“, sang schon Neil Young, der alte Öko. Aber die Grünen haben ihm nicht zugehört. Ihr Wahlspot ist wie ein weichgezeichnetes Kirchentagsmedley geraten und nicht wie ein flammender Appell für den Wandel. Ihre Protagonisten immerhin strahlen glückselig in den Himmel, ganz so, als wären sie nicht in einem Wahlspot, sondern schon im „schöner Land“ angekommen. Oder im Baumarkt?

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