zum Hauptinhalt

Berlin: Durch die Herzbrille

Schockrocker Marilyn Manson stellte seine neue Platte vor

Am Baum vor der alten Grunewald-Villa in der Wangenheimstraße hängt ein Zettel: „Katze vermisst“. Das bietet den an diesem Freitagabend auf Einlass wartenden Journalisten viel Gesprächsstoff. Ob er damit etwas zu tun hat? Gemeint ist der für schrillen Lebenswandel bekannte US-Rocker Marilyn Manson. Er hat das idyllisch am Stadtrand gelegene Haus als Präsentationsort für sein neues Album „Eat Me, Drink Me“ gewählt, im Juni erscheint es. Doch der 38-Jährige würde nicht als Provokateur gelten, wenn er die Räume nicht nach eigenen Vorstellungen hätte herrichten lassen: die Wände mit roten Spritzern verziert, als hätte Kollege Pete Doherty im Heroinrausch mal wieder mit Blut gemalt. Zwischendrin ausgestopfte Füchse, die die Gäste aggressiv anblitzen. Heimelig ist anders. Da hilft auch Mansons Selbstporträt mit Katze nicht, neben einem ledernen Ohrensessel. Auf dem nimmt der Hauptdarsteller des Abends Platz, um über sein Album zu sprechen, das er am 24. Juni live in der Zitadelle Spandau vorstellen wird.

Das Werk sei eine Art Tagebuch: „Damit wollte ich meine persönliche und künstlerische Identität wieder zurückgewinnen.“ Er habe zu viel Kreativität darauf verwendet, sich als Sonderling zu stilisieren. Nicht zuletzt daran ist wohl auch seine Ehe mit Erotikkünstlerin Dita van Teese gescheitert.

Wer nun aber glaubt, Manson sei ein gebrochener Mann, der irrt. Die Songs auf dem Album schwanken zwischen Lethargie und Euphorie, noch immer durchzogen vom Motiv der Todessehnsucht und Dämonenanbetung. Eines ist klar: Hier leidet der Chef noch selbst. Dabei steht ihm seit einiger Zeit Schauspielerin und Model Evan Rachel Wood zur Seite, eine zerbrechlich wirkende Engelserscheinung – so auch am Freitag. Ihr habe er die erste Singleauskopplung „Heart-Shaped Glasses“ gewidmet, sagt Manson, während sich seine 19-jährige Gefährtin brav eine herzförmige Sonnenbrille aufsetzt. Gut zu wissen, dass es für den Sänger neben dem Teufel auch noch andere anbetungswürdige Gestalten gibt.

Zur Startseite