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Berlin: Eberhard Diepgen besucht in diesen Tagen die Hauptstadt Namibias

Berlin soll eine neue Partnerstadt bekommen: Windhoek, Hauptstadt des im südlichen Afrika gelegenen Namibias. In dieser Woche ist hier Eberhard Diepgen zu Besuch, die Partnerschaft soll später in Berlin bei einem Gegenbesuch besiegelt werden.

Berlin soll eine neue Partnerstadt bekommen: Windhoek, Hauptstadt des im südlichen Afrika gelegenen Namibias. In dieser Woche ist hier Eberhard Diepgen zu Besuch, die Partnerschaft soll später in Berlin bei einem Gegenbesuch besiegelt werden. "Namib" - das bedeutet "Nichts", und das entspricht dem Eindruck, der sich nach der Landung auf dem Flughafen Hosea Kutako, 40 Kilometer vor den Toren der Stadt, aufdrängt: Mitten im Nichts. Öde braune Berge umgeben die Landebahn, umgeben die Straße zur Hauptstadt und Windhoek selbst. Eine andere Farbe als braun ist nirgendwo zu sehen. Dörfer sucht man vergebens, höchstens vier oder fünf Farmeinfahrten deuten auf Besiedlung hin. Ein Land, zweieinhalb Mal so groß wie die Bundesrepublik, mit einer geschätzten Einwohnerzahl von 1,7 Millionen Menschen, welche die trockenen Halbwüsten und Dornsavannen bewohnen: das ist Namibia.

Dann die Erlösung. Nachdem sich die Straße zum letzten Mal den Berg hinaufgewunden hat, gibt sie den Blick frei auf Windhoek. Eingerahmt von den Bergen des Khomas-Hochlandes eröffnet sich ein Meer von Straßen und Häusern. In der Mitte ragen einige Hochhäuser in den Himmel und erinnern daran, dass dies die Hauptstadt ist. Der Besucher kann aufatmen: Es gibt doch Menschen in diesem Land! 170 000 sollen in Windhoek leben, heißt es offiziell. Wie viele es wirklich sind, weiß niemand so genau, denn tausende Zuwanderer aus dem Norden Namibias strömen täglich in die Elendsgebiete der Stadt, die im Viertel Katutura liegen. Ort, wo wir nicht leben wollen, bedeutet der Name und erinnert an die Zwangsumsiedlung der schwarzen Bevölkerung während der Apartheid. Heute darf jeder wohnen, wo er möchte, aber in Windhoek bleibt man unter sich. Die Schwarzen in Katutura, die Farbigen in Khomasdal und die Weißen in den feinen Vororten mit Namen wie Klein-Windhoek, Olympia oder Eros.

Die Innenstadt Windhoeks erinnert eher an eine europäische Kleinstadt als an eine afrikanische Metropole. Auf den Straßen fahren neuwertige, meist europäische Autos, an jeder Straßenlaterne hängt ein Mülleimer, und in der Fußgängerzone eilen Bank- und Büroangestellte in Hemd und Krawatte geschäftig hin und her, während Safari-Touristen in Khakihosen die üppigen Auslagen der Geschäfte bewundern. "Afrika für Einsteiger" wird Namibia oft genannt, denn wer Geld hat, muss hier auf europäischen Komfort nicht verzichten. Im Supermarkt "Woermann & Brock", dessen Name an Pioniere der deutschen Kolonialvergangenheit erinnert, bekommt man alles von "Nutella" bis "Maggi", und im "Le Bistro" bietet der Wirt Wiener Schnitzel und Bauernomelette an. Wilhelminische Häuser säumen die Independence Avenue, die frühere "Kaiserstraße". Straßenverkäufer bieten hier an ihren Ständen wohlgeordnet und lizenziert Holzschnitzereien an. Nur um 18 Uhr, wenn alle Geschäfte geschlossen sind, ist dieser Teil Windhoeks wie ausgestorben. Das Leben findet woanders statt.

In Katutura beispielsweise, vor den kleinen Steinhäuschen, die bunt, abgewetzt und dichtgedrängt nebeneinander stehen. Jedes der kargen Zimmer ist bis in die letzte Ecke durch Mitglieder der weitverzweigten Verwandtschaft gefüllt, jedes Grundstück mit einem Zaun gegen Einbrecher geschützt. Hier treffen sich Familie, Nachbarn und Bekannte, um gemeinsam die Zeit totzuschlagen. Denn Unterhaltung gibt es in Windhoek wenig, und das, was es gibt, können sich die meisten nur am Monatsanfang leisten. Die modernen jungen Krawattenträger, die am Vormittag noch so geschäftig durch die Hauptstraße liefen, sitzen einträchtig mit ihren oft arbeitslosen Verwandten zusammen. Wer nicht in den Fernseher stiert, beteiligt sich am Palaver oder hört einfach nur zu. Die Frauen bereiten gemeinsam das Essen zu, die einen mit Lockenwicklern und Badeschlappen, die anderen in hautengen Tops und hochhackigen Schuhen, gestylt für die Nacht im Club Thriller.

Das Thriller ist die älteste Disco der Stadt. In schreiendem Pink ragt sie riesengroß über die kleinen Katuturahäuschen. Auf der Tanzfläche wird zu neuen und alten Discoklassikern getanzt. "Mambo No.5" war im letzten Jahr der Hit, wie überall auf der Welt. Jedes Mal, wenn afrikanische Musik aufgelegt wird, kocht die Stimmung über: "Kwaito", die Musikrichtung aus Südafrika, die alle in Wallung bringt.

Am anderen Ende von Katutura ist man von solch ausgelassener Stimmung weit entfernt. Auf den sandigen Hügeln leben hier in Wellblechhütten die Zugezogenen aus Namibias Norden, ohne Elektrizität, ohne fließendes Wasser und ohne Kanalisation. Zwei- bis dreitausend Menschen teilen sich eine Toilette, die oft nur ein Loch im Boden ist, mit einer Plastikfolie als Sichtschutz. Die Siedlung wächst täglich und mit der Armut breiten sich Alkoholismus, Tuberkulose und Aids aus. Doch das hält nur wenige davon ab, in die Hauptstadt zu ziehen, und dort auf ein besseres Leben zu hoffen.Namibia im Internet

www.natron.net

Silke Derkum

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