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Berlin: Eberhard Diepgen: Interview: "Jetzt orientiere ich mich an neuen Aufgaben"

Als Sie am Donnerstag im Parlament auf die Senatsbänke schauten, was dachten Sie da?Ich habe kaum hingeguckt.

Als Sie am Donnerstag im Parlament auf die Senatsbänke schauten, was dachten Sie da?

Ich habe kaum hingeguckt. Ich könnte noch nicht einmal sagen, wer wo sitzt.

Wie ist Ihre Gefühlslage?

Zum Thema Online Spezial: Berlin vor der Wahl Froh bin ich natürlich nicht. Ich hatte mir noch einiges vorgenommen, wollte weiterhin politisch gestalten. Aber es ist auch eine neue Freiheit, jetzt orientiere ich mich an neuen Aufgaben. Als Anwalt bin ich wieder zugelassen, politisch werde ich mich in Zukunft mit Themen beschäftigen können, für die in den letzten Jahren zu wenig Zeit blieb: die Außen- und Europapolitik.

Im Bundestag oder Europaparlament?

Meine historischen und außenpolitischen Interessen könnte ich in der Tat im Bundestag wahrnehmen, verbunden mit einem besonderen Engagement für die Stadt Berlin.

Es wird gemunkelt, der Spitzenkandidat Frank Steffel wolle CDU-Landeschef werden.

Ein Regierender Bürgermeister Steffel würde sicher den CDU-Landesvorsitz anstreben und ich würde ihn dabei unterstützen.

Frank Steffel hat Sie den "Regierenden Bürgermeister der Herzen" genannt...

meiner Seele tut das gut. Und die freundlichen und empörten Reaktionen vieler Berliner, nachdem ich von Rot-Grün und PDS abgewählt wurde, tun mir auch gut.

Was vermissen Sie am meisten?

Die Frage beantworte ich Ihnen gern in sechs Monaten.

Wann haben Sie das letzte Mal mit Klaus Wowereit gesprochen?

In der vergangenen Woche. Es war keine Angelegenheit von politischer Brisanz.

Wann haben Sie das letzte Mal mit Klaus Landowsky gesprochen?

Auch in der letzten Woche. Wir haben über Gott und die Welt geredet; dazu gehörten Politisches und Privates.

Diepgen, Landowsky, Radunski, Lehmann-Brauns und andere, die das CDU-Profil über Jahrzehnte prägten, hören auf. Stimmt das wehmütig? Wer war Ihnen der Liebste?

Ich will niemanden hervorheben. Langjährige Bekanntschaft und Freundschaft ist immer auch mit Auf und Ab, Ärger, Stress und Krise verbunden. Aber jede gute Beziehung muss Krisen überwinden und sich bewähren können. Die Neuwahlen haben nicht nur meine Lebensplanung verändert. Da trifft nun jeder seine eigenen Entscheidungen.

Was ist Ihre Rolle im Wahlkampf?

Ich begreife sie als eine dienende Rolle. Nicht nur gegenüber meiner Partei, sondern auch gegenüber dem Spitzenkandidaten Steffel. Ich gebe Rat und Unterstützung, helfe Kontinuität zu bewahren im Sinne von Modernisierung und sozialer Gerechtigkeit. Das unmittelbare Gespräch mit den Berlinern wird für mich im Vordergrund stehen.

Sie sind an CDU-Straßenständen zu finden?

An Ständen und auf Straßenfesten, in Ost und West.

Worüber reden Sie mit den Menschen?

Über die Zukunft. Ich gebe keine Rechenschaftsberichte über die Aufbauarbeit der letzten Jahre ab.

Ihr Parteifreund Mario Czaja sprach mit Gregor Gysi. CDU und PDS, passt das zusammen?

In Berlin gibt es eigentlich nur die Alternative: CDU oder PDS. Beide Parteien müssen sich miteinander austauschen, die Kontroverse suchen. Der feine Unterschied zur SPD ist: Wir verbrüdern uns nicht.

Gibt es einen gespaltenen CDU-Wahlkampf?

Nein. Keine Berliner Partei, die sich um die Einheit bemüht, darf einen Unterschied zwischen Ost und West machen. Eher rechne ich mit einem gespaltenen Wahlkampf der SPD: Im Westen beschwichtigend, was die Annäherung an die PDS betrifft und im Osten offen mit der PDS kooperierend.

Die Berliner erschrecken über die Annäherung zwischen SPD und PDS nicht in dem Maße, wie es sich die CDU wünscht.

Ich glaube, dass die Berliner die Geschehnisse der letzten Wochen erst Schritt für Schritt aufnehmen und dann die Folgen bedenken.

Das stärkt Ihren Optimismus?

Richtig.

Die CDU will wieder eine Große Koalition?

Die SPD-Führung um Wowereit und Strieder schließt dies aus. Aber Regierungskonstellationen sind immer eine Folge von Wählerentscheidungen. Eine Berliner SPD, die deutlich unter 30 Prozent bleibt, wird sich überlegen müssen, ob sie mit ihrer erfolglosen Führung weiterarbeiten will. Die SPD stärkt momentan nur die PDS und schwächt die Grünen.

Die Sozialdemokraten sehen sich schon auf dem Siegertreppchen...

hoffen und harren. Die SPD wird im Wahlkampf von der Bundesregierung ganz sicher massiv unterstützt. Um nur ein Beispiel zu nennen: Ursprünglich sollte wegen der Sommerferien auf eine große Veranstaltung zum 13. August verzichtet werden. Ich garantiere Ihnen aber, dass Bundesregierung und Bundes-SPD diesen Gedenktag mit großem Aufwand begehen werden.

Der Bund soll sich doch um Berlin kümmern.

Aber bitte nicht nur aus wahlkämpferischen Gründen. Kleinliche Grundstücksstreitigkeiten müssen beendet werden. Die teilungsbedingten Sonderlasten gehören in den Fonds Deutsche Einheit. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz muss als gesamtstaatliche Aufgabe begriffen und finanziert werden. Der Bundeskanzler darf nicht nur Erwartungen wecken, er muss zugunsten von Berlin endlich Entscheidungen treffen.

Gefällt Ihnen der Wahlkämpfer Steffel?

Er macht das hervorragend. Steffel ist argumentationsfähig, wirtschaftlich kompetent und sozial sensibel.

Nicht zu emotional, zu simpel? Und Ehefrau Katja wird schon als First Lady vermarktet.

Verheiratet zu sein mit einer selbstbewussten Frau und engagierten Ratgeberin, ist nicht nur gut so. Das ist besonders gut.

Das Gespräch führte U. Zawatka-Gerlach.

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