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Späte Revanche: Berlins Ex-Polizeipräsident Klaus Kandt

© dpa, Soeren Stache

Ehemaliger Polizeipräsident von Berlin: Kandt über Rauswurf: "Das war unanständig und schäbig"

Berlins Ex-Polizeipräsident Klaus Kandt wurde Anfang 2018 von Innensenator Andreas Geisel vor die Tür gesetzt. Nun rügt er dessen Umgang mit ihm heftig.

Wie Klaus Kandt seinen Rausschmiss aus Polizeipräsident empfand, hat in Berlin bereits die Runde gemacht. Nur öffentlich gesprochen hat er nie darüber, wie es war, als Innensenator Andreas Geisel (SPD) den Behördenchef am 26. Februar in sein Büro bestellte und in den einstweiligen Ruhestand versetzte.

Jetzt hat sich Kandt doch dazu durchgedrungen: In dem „Bild“-Podcast „Sicherheit für die Ohren“ spricht Kandt in der am Sonntag veröffentlichten Folge eine Stunde und 17 Minuten lang erstmals öffentlich über seine Zeit an der Spitze der Berliner Polizei, über seine Zukunft - und über Geisel. 

"Der Senator hat immer auf Distanz gehalten"

Den Umgang des Innensenators mit ihm bezeichnet Kandt als „schäbig“. Das sein Stuhl wackelt, „wie lange nicht mehr“, habe er gemerkt, sagt Kandt. „Ich wusste, dass die Situation angespannt ist.“ Nach dem Terroranschlag von Anis Amri auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz sei er nie aus den Schlagzeilen heraus gekommen, es sei erheblicher Druck aufgebaut worden. Er habe gespürt, dass Geisel im Grunde nie hinter ihm gestanden habe. Etwa, als der Senator im Mai 2017 von den Stufen seines Amtssitzes in der Klosterstraße in Mitte verkündete, dass er Strafanzeige gegen zwei LKA-Beamte erstattet habe. „Normalerweise hätte ich daneben gehört. Er hat immer auf die Distanz geachtet“, sagt Kandt.

Schon auf Distanz. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) und Polizeipräsident Klaus Kandt (rechts) auf einer Pressekonferenz im Vorfeld der der Demosntrationen zum 1. Mai 2017.
Schon auf Distanz. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) und Polizeipräsident Klaus Kandt (rechts) auf einer Pressekonferenz im Vorfeld der der Demosntrationen zum 1. Mai 2017.

© picture alliance / Britta Peders

Was ihn besonders trifft: Er hätte sogar die Möglichkeit gehabt, ins Bundesinnenministerium zu wechseln - als Inspekteur der Bereitschaftspolizei. Dafür hätte er nur zwei Wochen früher wissen müssen, dass er gehen muss. Dann hätte er sich bewerben können und gute Chancen gehabt. „Nicht einmal diese kleine Geste war es wert, dass ich eine Chance gehabt hätte, weich zu fallen. Es musste diese harte Tour sein“, sagt Kandt. Dabei habe er Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD) einige Wochen vorher gesagt, wen er politisch nicht gewollt sei, solle man es ihm einfach sagen. Doch es kam nichts.

Er sei dann sogar optimistisch gewesen, weil absehbar war, dass Vizepräsidentin Margarete Koppers geht, um Generalstaatsanwältin zu werden. „Ich konnte mir nicht vorstellen, dass man uns beide gleichzeitig wegnimmt, dass man die Behörde blankzieht“, sagt Kandt.

Er fühlte sich wie ein "dreckig gemachter Putzlappen"

In der Woche vor seiner Entlassung habe er krank im Bett gelegen, sei aber dennoch am Freitag vor dem Rausschmiss in die Innenverwaltung gerufen worden, um EU-Abgeordnete zu empfangen. „Das war ich unverzichtbar und am Montag um 9 Uhr war es Wurst“, sagt Kandt.  „Ein Gefühl, als wenn man einen alten Putzlappen nimmt, ihn noch mal richtig dreckig macht, bevor man ihn wegwirft. Also richtig ausgebeutet, bis aufs Letzte. Das fand ich einfach unanständig und schäbig.“ In derselben Woche verkündete Geisel die laut Kandt hervorragende Kriminalitätsstatistik für 2017 - ohne ihn. Kandt: „Die Phase der Erfolge habe ich im Amt nicht mehr erreicht.“

"Der Terroranschlag hätte nicht verhindert werden können"

Kandt äußert sich auch zum Personalmangel in der Polizei, wie kaputt gespart die Behörden gewesen sei, wie er die Polizei neu aufgestellt, mehr Geld und Personal besorgt habe. In der Schießstandaffäre um giftige Dämpfe und schwer erkrankte Beamte macht sich Kandt „keine Vorwürfe". Und auch zum Anschlag auf den Breitscheidplatz äußert sich Kandt, der jetzt als Berater tätig ist. Geisel hatte die  Entlassung in den Ruhestand auch mit dem Terroranschlage begründet und erklärt, dass Kandt nicht für die Erneuerung der Polizei stehe. Der räumt zwar Mängel bei der Polizei vor dem Anschlag und auch unmittelbar danach ein, sagt aber: „Trotz all der Fehler, die gemacht worden sind – der Anschlag hätte nicht verhindert werden können.“

Sein Geschenk zum Abschied: Axel Hackes Buch "über den Anstand in schwierigen Zeiten"

Übrigens, was im Podcast nicht erwähnt wird: Auch Kandts Mitarbeiter empfanden Geisels Vorgehen als unfein. Zum Abschied schenkten sie dem entlassenen Polizeipräsidenten ein Buch mit dem Titel: „Über den Anstand in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wir miteinander umgehen“.

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