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Josephin Wallasch (Mitte) mit dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier (rechts) und seiner Frau Elke Büdenbender (links).

© Gerd Nowakowski

Ehrenamtliche bei der Freiwilligen Feuerwehr: „Dieses Engagement wirft man nicht von heute auf morgen hin“

Von 29 Aktiven ist Josephin Wallasch die einzige Frau bei der Freiwilligen Feuerwehr Buch. In unserem „Ehrensache“-Newsletter erzählt sie, was sie antreibt.

Josephin Wallasch, 19 Jahre alt, ist seit ihrer Kindheit Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr in Berlin. Wir sprachen mit ihr über ihren ehrenamtlichen Einsatz und die Einladung beim Bundespräsidenten.

Als ihr Telefon klingelt, ist Josephin Wallasch gerade erst von einem Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr Buch zurückgekehrt. Das gehört zu ihrem Alltag. Sie wurde schon mit acht Jahren Mitglied der Berliner Jugend-Feuerwehr – wobei das auch in der Familie liegt. Ihr Vater ist „Wehrleiter“ der Freiwilligen Feuerwehr im Pankower Ortsteil Buch, hoch im Norden der Stadt.

Auch ihre beiden jüngeren Schwestern sind oder waren dort aktiv. Bei der Freiwilligen Feuerwehr Buch sind eine Frau und 29 Männer dabei, in der Jugendfeuerwehr ein Mädchen und 18 Jungen. Neben ihrem Ehrenamt wird Wallasch nach ihrem Abitur bald mit einer Ausbildung zur Bankkauffrau beginnen.

Jahrelang hat Wallasch als Landesjugendsprecherin die Interessen der rund 1100 jungen Berliner Mitglieder auf Landes- und Bundesebene vertreten. Wegen dieses Engagements war sie am vergangenen Donnerstag im Schloss Bellevue beim Neujahrsempfang von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, bei dem neben Vertreter*innen des öffentlichen Lebens und der kompletten Bundesregierung auch 70 ehrenamtlich engagierte Bürger*innen aus allen Bundesländern ins Schloss Bellevue eingeladen waren.

Festlicher Empfang mit Frank-Walter Steinmeier

Klar empfand Josephine Wallasch es als eine besondere Ehre, so festlich begrüßt zu werden und einige Zeit beim Essen mit dem Bundespräsidenten verbringen zu können. „Ich habe mich sehr gefreut und hatte damit überhaupt nicht gerechnet, das kam ganz unerwartet“, berichtet sie.

Die Jugendfeuerwehr in Deutschland kann sich übrigens mit insgesamt 270.741 Jugendlichen über einen Mitgliederrekord freuen. Die Mitgliederzahl stieg um 6.264 Personen und damit um 2,4 Prozent. Insgesamt hätten 82.133 ehrenamtliche Jugendleiterinnen und Jugendleiter über zehn Millionen Stunden Jugendarbeit geleistet, heißt es bei der Deutschen Jugendfeuerwehr.

Kürzlich hat Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) gemeinsam mit dem Landesbranddirektor Karsten Homrighausen und dem Landesbeauftragten der Freiwilligen Feuerwehren, Lutz Großmann, eine Kampagne zur Nachwuchsgewinnung bei den Freiwilligen Feuerwehren gestartet.

Unter dem Titel „Dein Einsatz für Berlin“ stellt die Kampagne das wichtige Ehrenamt in den Freiwilligen Feuerwehren und die Menschen vor, die sich für unsere Gesellschaft engagieren.

Die Kampagne – Infos finden sich hier – gibt vielfältige Einblicke in das Leben bei den Freiwilligen Feuerwehren und den Jugendfeuerwehren. In Berlin sind derzeit in 58 Freiwilligen Feuerwehren 1530 Menschen ehrenamtlich im Einsatzdienst aktiv – 158 Frauen und 1372 Männer. 

Zahlreiche Feuerwerkskörper erhellen in Berlin bei der Langzeitbelichtung den Silvesterhimmel über der Oberbaumbrücke.
Zahlreiche Feuerwerkskörper erhellen in Berlin bei der Langzeitbelichtung den Silvesterhimmel über der Oberbaumbrücke.

© Paul Zinken/dpa

Interview mit Josephin Wallasch

Frau Wallasch, Sie kommen gerade von einem Einsatz. Was haben Sie gemacht?
Ich habe bei einer Tragehilfe mitgewirkt. Wenn das Rettungsdienstteam, die nur jeweils zu zweit sind, einen Patienten nicht allein tragen können, dann helfen wir mit.

Haben familiäre Bindungen Sie zur freiwilligen Feuerwehr geführt? 
Genau. Angefangen habe ich, weil mein Papa auch dabei ist. Das war schon immer ein Bestandteil unseres Familienlebens. Ich habe angefangen, sobald ich durfte, mit acht Jahren. Aber als Kind darf man noch nicht bei richtigen Einsätzen dabei sein. Das darf man erst ab 18 Jahren. In der Jugendfeuerwehr wird man ausgebildet, kann sich mit den Fahrzeugen vertraut machen oder Rettungsmaßnahmen und Erste Hilfe üben. Brände löschen und auf Leitern steigen darf man aber als Kind nicht. Mir hat es recht schnell Spaß gemacht, weil wir ein cooles Team hatten. Es war dazu ganz cool, als Frau auch handwerklich einiges zu lernen und zu können. Wir haben schließlich auch den Umgang mit vielen technischen Gerätschaften gelernt. 

In vielen Vereinen wird geklagt, dass es Nachwuchsprobleme gibt und junge Menschen mit Vereinen nichts zu tun haben wollen und sich dort nicht mehr engagieren wollen. Gab es bei Ihnen Mitschüler, die über ihr Engagement bei der Feuerwehr die Nase gerümpft haben?
Nein, die Reaktionen waren eigentlich immer sehr positiv. Ich habe noch nie eine negative Reaktion deswegen erhalten. Man merkt das auch bei uns in der Freiwilligen Feuerwehr. Da sind sehr viele junge Leute, die schon aus der Jugendfeuerwehr kommen und jetzt zwischen 18 und 25 Jahre alt sind. Das macht bei uns schon fast ein Drittel des Personals der gesamten Wache aus. Wir haben momentan da kein Problem mit dem Nachwuchs. In anderen Wachen in Berlin sieht es aber anders aus.

Wenn man jung ist und vielleicht nicht weiß, wohin man zum Studium ziehen muss, ist es schwer, sich für längere Zeit fest zu engagieren.
Für viele ist es ziemlich schwierig, herauszufinden, was und wo man machen möchte. Bei mir war immer klar, dass ich zur Feuerwehr möchte und ich wollte im Einzugsgebiet der Freiwilligen Feuerwehr bleiben. Ich wurde schon, als bei meiner Mutter die Wehen kamen, mit der Feuerwehr ins Krankenhaus gefahren. Ich bin damit groß geworden und habe die Menschen in der Wache alle gerne. Ich genieße die Kameradschaft. Das ist für mich wie eine zweite Familie.

Welche Erfahrungen haben Sie gemacht und gibt es besondere Forderungen, die die Jugendfeuerwehr an den Feuerwehr-Verband stellen?
Ein großes Problem ist, dass ein paar der älteren Kameraden an den Traditionen festhalten und sich kaum auf Neuerungen eingelassen haben. Das hat die Arbeit als Landesjugendsprecherin nicht ganz so einfach gemacht. Mittlerweile gibt es, aber einen neuen, auch sehr kompetenten Vorstand.

Was bedeutet das für Ihr tägliches Leben, nun bei der „erwachsenen“ Freiwilligen Feuerwehr im Einsatz zu sein? 
Wie viel Zeit ich mit Einsätzen verbringen, kann man überhaupt nicht abschätzen. Es kann sein, dass es in einer Woche mal überhaupt keinen Einsatz gibt und an einem einzigen Tag haben wir dann plötzlich vielleicht sieben Einsätze. Im Normalfall gibt es in unserer Feuerwache im Monat 35 bis 40 Einsätze – da muss ich dann aber auch nicht bei allen Einsätzen dabei sein. Normalerweise dauert ein Einsatz jeweils rund eine Stunde. Wenn es größere Vorfälle sind, dann ist man aber schon mal bis zu fünf Stunden oder länger im Einsatz.

Silvester konnten Sie nicht richtig feiern?
Erstaunlicherweise war es recht ruhig. Wir waren zwar auf der Wache in Bereitschaft, die Besatzungen unserer drei Fahrzeuge mussten aber jeweils nur zu einem Einsatz rausfahren.

Aber ein ruhiger Abend im Kreis der Familie mit einem Glas Sekt sieht anders aus.
Ja. Aber wir haben ja auch in der Wache mit den Kameraden gefeiert. Und mein Vater, der Wehrleiter ist, war ja auch dabei.

Können Sie sich vorstellen, ihren Einsatz für die Feuerwehr wegen veränderter Lebensumstände alsbald zu beenden?
Nein. Das wäre auch sehr komisch. Ich weiß nicht, ob man das als Außenstehender nachvollziehen kann, aber dieses Engagement ist nichts, was man einfach mal von heute auf morgen hinwirft. Meine Motivation ist ja schließlich nicht, damit Geld zu verdienen, sondern Menschen zu helfen. Man bekommt zwar eine Aufwandentschädigung von 3,50 Euro pro Stunde, aber darum geht es uns und mir nicht. 

Böller können schnell zur Gefahr werden – auch die Freiwillige Feuerwehr ist in der Silvesternacht im Einsatz.
Böller können schnell zur Gefahr werden – auch die Freiwillige Feuerwehr ist in der Silvesternacht im Einsatz.

© Paul Zinken/dpa

Weitere Ehrungen

Neben Josephin Wallasch waren auch weitere zwölf ehrenamtlich engagagierte Bürger*innen aus Berlin und Brandenburg eingeladen:

Dieser Text stammt aus unserem monatlichen Newsletter „Ehrensache“, mit Nachrichten rund um Ehrenamt und Engagement. Sie können ihn hier kostenlos abonnieren: ehrensache.tagesspiegel.de

Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: info@ehrensache.tagesspiegel.de

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