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Im Gastbeitrag erklärt "Haus und Grund"-Vorsitzender, Brückner, warum er seinen Mietgliedern rät, noch schnell die Mieten zu erhöhen.

© Jens Kalaene/dpa

Eigentümerverband „Haus und Grund“: „Darum raten wir Vermietern, jetzt noch schnell die Miete zu erhöhen“

Der Eigentümerverband „Haus und Grund“ ist in die Kritik geraten, weil er Mitgliedern zur Mietenerhöhung rät. Der Berliner Vorsitzende verteidigt sich.

Der Berliner Senat will die Mieten in Berlin deckeln. Der Eigentümerverband "Haus und Grund" ruf Vermieter deshalb dazu auf, vorher ihre Mieten zu erhöhen. Carsten Brückner ist Vorsitzender des Verbands in Berlin und erklärt, warum er das tut. Brückner arbeitet als Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht.

Die Empörung ist groß, dass Vermieter angesichts des drohenden „Mietendeckels“ noch eine Mieterhöhung durchführen wollen und der Eigentümerverband Haus & Grund seine Mitglieder dazu ausdrücklich auffordert. Einmal mehr melden sich nun alle die zu Wort, die schon immer der Meinung waren, dass jemand, der Wohnungen vermietet, eigentlich nur ein schlechter Mensch sein könne, der nicht arbeiten, sondern nur sein Eigentum zur Gewinnmaximierung einsetzen würde – und das unter Ausnutzung der Bedürfnisse oder gar Notlagen anderer.

Was einst als Vorurteil begann, hat sich mit Sicherheit in der eigenen Echokammer bestätigen lassen. Auch die Berliner Regierungskoalition mit ihren drei Parteien stößt ins immer gleiche Horn. Haus & Grund würde sich nun als „Mietpreistreiber demaskieren“, um noch vor dem Stichtag des „Mietendeckels“ die „maximale Rendite herauszuquetschen“. Nun aber mal ein paar Fakten.

Es geht nicht um Gewinnmaximierung oder Herausmodernisierungen

Haus & Grund Berlin vertritt keine Wohnungsunternehmen oder international agierende Investoren, sondern die privaten Kleineigentümer. Das sind beispielsweise Menschen, die eine Eigentumswohnung besitzen oder ein Haus, das der Großvater gebaut hat und das seitdem in der Familie gehegt und gepflegt wird - nicht selten inklusive Mietern, die dort seit Jahrzehnten leben. Die 70-jährige Vermieterin wohnt in der Wohnung nebenan, man kennt und schätzt einander.

Private Eigentümer sind an langfristigen Mietverhältnissen interessiert. Sie „quetschen“ nichts aus der Immobilie oder gar den Mietern heraus, sondern investieren, sind auch emotional mit dem Familienbesitz verbunden. Hier geht es nicht um Gewinnmaximierung, Share Deals oder Herausmodernisierungen. Gleichwohl sind die Wohnung oder das Haus eine Geldanlage, zum Beispiel zur Alterssicherung. Der laufende Betrieb darf – wie überall in der Wirtschaft – kein Zuschussgeschäft sein.

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So sind auch Mieterhöhungen wichtig für eine ordnungsgemäße Verwaltung der Immobilie. Schließlich ist die Vermieterin von nebenan auch Pflichten eingegangen; sie muss die Wohnung instandhalten, auftretende Mängel beseitigen und anderes mehr. Es ist inzwischen eine Binsenweisheit, wie sich angesichts der Nachfrage die Preise im Handwerk nach oben entwickelt haben. Hier gilt kein „Deckel“, und soll es auch nicht. Trotzdem sind es vor allem die privaten Eigentümer, die die Miete selten erhöhen.

Carsten Brückner ist seit zehn Jahren Vorsitzender des Landesverbands Haus & Grund Berlin.
Carsten Brückner ist seit zehn Jahren Vorsitzender des Landesverbands Haus & Grund Berlin.

© Promo

Deshalb erinnert Haus & Grund seine Mitglieder daran, auch an eine Mieterhöhung zu denken, insbesondere weil sie sehr engen Beschränkungen unterworfen ist. Wer zehn Jahre lang die Miete überhaupt nicht angepasst hat, kann dies aufgrund der „Kappungsgrenze“ nicht einfach „nachholen“. Und nun soll mit dem Mietendeckel endgültig Schluss sein mit den Mietsteigerungen (wohlgemerkt nicht mit den Handwerkerkostensteigerungen). Ist es da nicht verständlich, dass der Vermieter nicht schon im „vorauseilenden Gehorsam“ Selbstbeschränkung übt, sondern das tut, wozu er ohnehin berechtigt ist?

Gemeinsame Arbeit am Mietspiegel völlig unnütz

Es ist keinen Monat her, dass die zuständige Senatorin den neuen Mietspiegel vorgestellt hat. Zwei Jahre arbeiten Verwaltung, Mietervereine und Eigentümer-Vertreter an dem Werk mit dem Ziel, dass sich auf dem Wohnungsmarkt nicht Wild-West ausbreitet, sondern eine kontrollierte Entwicklung im Sinne eines Interessenausgleichs stattfindet. Alle Beteiligten haben den Mietspiegel unterschrieben und damit als verbindliche Orientierung anerkannt. Wirklich alle?

Dieselbe Senatorin setzte vor ein paar Tagen ihre Unterschrift ebenfalls unter das Eckpunktepapier, das Grundlage für den Senatsbeschluss des „Mietendeckels“ sein soll und twitterte anschließend: „Ein historischer Moment!“

Das kann man wohl sagen, denn damit ist der „Mietspiegel“ Makulatur, die gemeinsame Arbeit völlig unnütz gewesen. Jetzt gelten nicht mehr „Kappungsgrenze“ oder „ortsübliche Vergleichsmiete“, jetzt gilt nur noch „Ende Gelände“.

Dass die Funktionäre in der Mietspiegel-Kommission vergebens gearbeitet haben – geschenkt. Aber was ist mit der 70-jährigen Vermieterin von nebenan, die mit Rücksicht auf ihre Mieter lange keine Mieterhöhung ausgesprochen hat?

Carsten Brückner

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