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Berlin: Ein Berliner Chirurg mit Weltruf

Der Herzspezialist Roland Hetzer feiert heute seinen 60. Geburtstag. Im Jahr operiert er 500 „besondere Organe“

Von Ingo Bach

Roland Hetzer versteht die schöne neue Welt eines Arztes nicht: „Als ich anfing, da gab es kein Arbeitszeitgesetz für Krankenhausärzte“, sagt der Ärztliche Direktor des Deutschen Herzzentrums in Wedding. „Hätte man mich damals aufgefordert, meine Überstunden abzurechnen, hätte ich das als Beleidigung empfunden.“ Ein Arzt, der per Gesetz an einen Acht-Stunden-Tag gebunden ist – das „ist eine schlimme Entwicklung“.

Hetzer entstammt einer anderen Generation, heute wird er 60 Jahre alt. Zwöf Stunden Arbeit, das ist immer noch sein tägliches Pensum. „Um 6.30 Uhr ist die einzige Zeit, in der ich alle unsere Chirurgen zu einer Konferenz zusammenbekomme.“ Doch der Abend gehört seiner Familie, den drei Kindern und seiner Frau, mit der er seit fast 19 Jahren verheiratet ist. Heute wird er seinen Patienten wohl fernbleiben. Zur Geburtstagsparty haben sich rund 400 Gäste angesagt. Die Mitarbeiter haben für Hetzer, der in seiner wenigen Freizeit ein Autonarr ist, eine „Garagenparty“ im Meilenwerk – einer alten Industriehalle in Moabit, in der jetzt Oldtimer stehen - organisiert.

„Mein Leben bot mir sehr viele Chancen auf Glück“, sagt der weltweit bekannte Herzchirurg, von dem sich unter anderem auch der ehemalige russische Präsident Boris Jelzin behandeln ließ. Die ganz große Chance bekam er 1986. Hetzer sollte im damaligen West-Berlin ein Herzzentrum aufbauen. „Mehr als die Hälfte unserer Patienten mussten wir einfliegen.“ Er amüsiert sich heute über die damaligen Schlagzeilen in der eingemauerten Stadt, die das Herzzentrum eine „gigantische Fehlplanung“ genannt hatten.

Inzwischen ist das Haus eines der bedeutendsten herzchirurgischen Zentren der Welt. 1200 Menschen arbeiten hier, die 164 Betten sind ständig belegt. Und das Zentrum hat weitere beeindruckende Zahlen zu bieten: Jährlich 3500 Operationen am offenen Herzen. Inzwischen wurden hier 700 Kunstherzen eingesetzt und die meisten Herztransplantationen in Deutschland durchgeführt. 500 Operationen nimmt Hetzer jährlich selbst vor. „Das Herz ist ein besonderes Organ, weil es einem durch seinen Schlag immer beweist: Ich bin da“, sagt Hetzer.

Den Mut zu besonderen Herausforderungen zeigte der gebürtige Sudetendeutsche schon 1983, damals noch als Herzchirurg an der medizinischen Hochschule in Hannover. Seine erste Herztransplantation. Der 47-jährige Patient machte es ihm nicht leicht: akutes Herzversagen, kurz zuvor schon einmal operiert. Das neue Organ war seine letzte Chance. „Im Rückblick schaudert man. Aber in dem Alter geht man da anders heran“, sagt Hetzer heute. Was, wenn der Patient bei der Operation gestorben wäre? „Ich weiß nicht, ob meine Karriere dann anders verlaufen wäre." Doch der Eingriff glückte, auch wenn der Patient einige Monate später doch starb – an einer Abstoßungsreaktion gegen das neue Organ. Im März 1984 transplantierte Hetzer sein erstes Herz in Berlin. „Der Mann lebt seit nun fast 20 Jahren damit.“

Der Chirurg denkt noch lange nicht ans Aufhören. „Mein Vorbild ist der amerikanische Herzchirurg Michael DeBakey." DeBakey ist ein Freund Hetzers und der Guru der Herzchirurgen-Gemeinde. Der sei mit 95 noch topfit, schreibe wissenschaftliche Artikel und gehe regelmäßig auf Vortragsreisen. „Allen Leuten, die meinen, dass ich bald gehe, sage ich, dass ich noch 35 Jahre bleiben werde."

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