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Berlin: Ein erster Gang durch das lichte Haus zeigt Wasserfall, Mimosen und viel Glas

Ein kleiner Wasserfall rauscht, in seiner Nähe wachsen Mimosen und Zitronen, der Duft von Jasmin liegt in der Luft. Ein italienischer Wintergarten.

Ein kleiner Wasserfall rauscht, in seiner Nähe wachsen Mimosen und Zitronen, der Duft von Jasmin liegt in der Luft. Ein italienischer Wintergarten. Mitten in Berlin, in der Nähe des Schlossplatzes am Werderschen Markt. Der Garten, hinter einer haushohen Glaswand verborgen, gehört zur öffentlich zugänglichen Eingangshalle des Neubaus, der für das Auswärtige Amtes entstanden ist. Nach zweijähriger Bauzeit steht das Gebäude kurz vor der offiziellen Fertigstellung am kommenden Mittwoch, danach wird möbliert, und am 29. November beginnt der Einzug der rund 770 Mitarbeiter in das neue Verwaltungsgebäude, den Erweiterungsbau des Auswärtigen Amtes.

Das Gebäude, nach Entwürfen der Architekten Thomas Müller und Ivan Reimann errichtet, ist der größte Berliner Ministeriumsneubau nach dem Hauptstadtbeschluss. Architekt Müller und Florian Mausbach, der Präsident des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, stellten das Haus gestern vor. Es war 168 Millionen Mark teuer, liegt damit im ursprünglichen Kostenrahmen. Um ihn zu halten, hatte es einige Umplanungen geben müssen, man sparte eine Tiefgaragenebene ein. Der Bau wurde "komprimiert", wie Mausbach formulierte. Der Abstand zum ehemaligen Reichsbankgebäude, das zum Hauptsitz des Auswärtigen Amtes umgebaut wurde, ist nun etwas größer als zunächst geplant. Um die Glasüberdachung der Halle habe man beim Finanzministerium aber kämpfen müssen. Die Räume für ein öffentliches Café, das die große Attraktion der Halle werden soll, werden aus Kostengründen im Rohzustand übergeben, die Einrichtung ist Sache des Pächters.

Architekt Müller wies auf die "enorme Masse des Bauvolumens" hin, immerhin mehr als 50 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche. Aus dem Baukörper habe man deshalb drei große Bereiche als Freiräume "herausgeschnitten". Der Lichthof am Werderschen Markt, auf drei Seiten von Bürofenstern umgeben, ist der wichtigste. Er ist Haupteingang "von der Stadt her", steht der Öffentlichkeit offen. Die so genannte Sicherheitslinie ist nach innen verlegt worden, beginnt also hinter dem Garten. Nicht überdacht sind die "Stadtloggia" an der Spreeinsel, ein Ort für Nutzer und Gäste. Weil unter dem Hof die große Bibliothek eingerichtet wird, heißt er auch Bibliotheksgarten oder wegen der künftigen Bepflanzung auch Sommergarten. Und als Frühlingsgarten wird schon der Empfangshof gegenüber dem Altbau bezeichnet. Auf dieser Seite, der verlängerten, aber geperrten Jägerstraße wird die Vorfahrt der Staatsgäste sein. Für die Mitarbeiter, künftig insgesamt rund 2000 in beiden Bauten - bildet eine unterirdische Passage die Verbindung.

Die Glasfassade des Lichthofs, übrigens durch die Abluft aus den raumhohen Fenstern der Büros erwärmt, ist mit reflektierenden Gläsern und metallenen Reflektoren ausgestattet, je nach Sonneneinfall leuchtet es unterschiedlich, für abends und nachts wird ein interessantes Farbspiel versprochen. Das Haus ist mit römischem Travertin, graugrünen Gläsern, silbrigen Metallen oder auch Holz verkleidet, auf den Dächern stehen über 200 Solarmodule einer Photovoltaikanlage; was an Energie gewonnen wird, dient dem eigenen Verbrauch.

Die Büros mit zum Teil atemberaubendem Blick auf den Schlossplatz, das Zeughaus, den Berliner Dom und die Museumsinsel, sind mit knapp 15 Quadratmetern weniger üppig bemessen als die Höhe mit über 3,30 Metern. Die Fenster an den Straßenseiten sind mit einer zweiten Glasschicht versehen. So ist das Gebäude vom Verkehrslärm weitgehend abgeschirmt. Die Bibliothek wird Platz für eine Million Bände bieten, jährlich werden rund 10 000 weitere erwartet. Der große Saal ist als Ort der Ruhe und offene Leselandschaft konzipiert, die sich um einen zentralen, von oben belichteten Lesehof ausbreitet. Beim Richtfest hatte Außenminister Joschka Fischer bemerkt, dass der große Raum zum Lesen allein viel zu schade sei. Er regte an, ihn auch für öffentliche Veranstaltungen, etwa auch für Talkshows, zu nutzen. Deshalb wird möglichst flexibel möbliert.

Das Öffnen des Hauses nach außen verträgt sich auch mit den Vorstellungen der Architekten. Sie wollen mit dem Neubau keinen abgeschlossenen Block, sondern einen Teil der Stadt errichtet haben, einen Baustein der wiedererstehenden Innenstadt am Schlossplatz, zu der auch die Bauakademie gehören soll. Der Erweiterungsbau des Ministeriums schaffe mit seinen Höfen nach außen orientierte städtische Räume.

"Gibt es ein schöneres Außenministerium?" fragte Florian Mausbach beim Blick aus einem Bürofenster Richtung Hausvogteiplatz. Das freie Gelände zu seinen Füßen soll erst einmal zur Grünfläche umgestaltet werden. Das passe zur Gegend. Das Planwerk Innenstadt der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sieht hier aber neue Häuser vor. Das ist Zukunftsmusik. Real ist der bevorstehende Einzug der Mitarbeiter. Die Tiefgaragenzufahrt, mit der auch die vorhandenen Stellflächen des Altbaus erschlossen werden, war schon einladend geöffnet. Eine Leuchtanzeige meldete 871 freie Plätze.

Christian van Lessen

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