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Berlin: Ein-Euro-Jobber verdrängen reguläre Mitarbeiter

Personalrat kritisiert Invasion der Billig-Löhner - Reinickendorf prüft Einsatz als Schulbegleiter

Der Hauptpersonalrat des Landes Berlin geht davon aus, dass inzwischen jeder zweite Ein-Euro-Jobber Aufgaben des öffentlichen Dienstes übernimmt. Rund 16 000 Menschen seien dort über die befristeten Arbeitsmarktprojekte beschäftigt, sagte Uwe Januszewski vom Hauptpersonalrat. Gleichzeitig seien in den letzten Jahren massiv Stellen abgebaut worden. Ob in Schulsekretariaten, auf Hausmeisterposten oder im Grünbereich – immer wieder werden nach seinen Angaben die Ein-Euro-Jobber widerrechtlich für Tätigkeiten eingesetzt, die eigentlich von festangestellten Beschäftigten übernommen werden müssten. Dies bedeute eine Verdrängung von regulären Arbeitsplätzen. Auch die bisherigen Honorarkräfte bei den Volkshochschulen würden vermehrt durch Ein-Euro-Kräfte ersetzt.

Die „Berliner Kampagne gegen Hartz IV“ kritisierte gestern zudem, dass die meisten Projekte für „Beschäftigungen mit Mehraufwandsentschädigung“, wie Ein-Euro-Jobs offiziell heißen, den Mitarbeitern keine besseren Perspektiven bieten. Denn fast nie gebe es Maßnahmen zur Weiterqualifizierung, so wie es vorgeschrieben sei. Dies beklagt auch der DGB. Das bisherige Ergebnis einer Umfrage in 24 Werkstätten mit rund 2000 Ein-Euro-Beschäftigten sei „erschreckend“, sagte Kai Lindemann. Nur in den wenigsten Fällen seien die Mitarbeiter in irgendeiner Weise geschult worden. Lindemann kritisierte zudem, dass viele freie Träger der Beschäftigungsprojekte sich der Kontrolle durch die Job-Center entzögen. Die Werkstätten, in denen die Ein-Euro-Jobber arbeiteten, lägen oft nicht in dem Bezirk, in dem das vermittelnde Job-Center seinen Sitz habe, so dass die Kontrolleure dort nicht hingeschickt werden könnten.

Unterdessen muss die BVV Reinickendorf über weitere Einsatzmöglichkeiten für Ein-Euro-Jobber entscheiden. Die dortige CDU möchte sie als Begleiter von notorischen Schulschwänzern einsetzen, die derzeit von der Polizei zur Schule gebracht werden, und hat einen entsprechenden Antrag in die BVV eingebracht. Hauptpersonalrat Januszewski lehnt das Projekt ab und verweist darauf, dass es in den Bezirksämtern gerade im sozial-pädagogischen Bereich einen erheblichen Stellenabbau gegeben habe. Auch die GEW-Vorsitzende Rose-Marie Seggelke hält nicht viel von dem Vorschlag. Es sei nicht damit getan, die Schüler lediglich zur Schule zu bringen. Dies sei ein schwieriges Terrain, bei dem es darauf ankomme, eine positive Einstellung zur Schule herzustellen, sagte Seggelke. Im Haus des Bildungssenators Klaus Böger (SPD) verwies man darauf, dass es Aufgabe der bezirklichen Schulaufsicht sei, die Schulpflicht durchzusetzen. Der Bezirk müsse prüfen, ob die Einsetzung als Schulbegleiter „Hartz-IV-konform“ ist.

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