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Berlin: Ein Fetisch aus Beton

Ex-Senatorin Goehler: Für Peter Strieder war das Tempodrom „libidinös besetzt“

Das Tempodrom wurde ja schon zum Symbol für vieles erklärt. Jetzt hat die frühere Kultursenatorin Adrienne Goehler (Grüne) den Veranstaltungsbau am Anhalter Bau auch noch zum Fetisch-Objekt befördert: Als sie im Sommer 2001 aus Hamburg nach Berlin kam, um im rot-grünen Übergangssenat ihr Amt anzutreten, sei ihr sogleich die „libidinöse Besetzung“ des Themas Tempodrom durch den damaligen Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) aufgefallen, sagte Goehler am Freitag vor dem Untersuchungsausschuss des Parlaments. Gefragt, was sie mit der blumigen Formulierung meine, erklärte die Goehler, die heute Kuratorin des Haupstadtkulturfonds ist: „Viele Politiker waren auf das Tempodrom bezogen und stark involviert; aber einer stand ganz vorne, und das war Peter Strieder.“

Goehler sowie die zuvor befragte Ex- Staatssekretärin Alice Ströver von den Grünen verstärkten die Kritik an Strieders Rolle bei Bau und Finanzierung des Tempodroms, die zuvor auch viele andere Grünen-Politiker geäußert hatten. Der Kern ihrer Vorwürfe: Der Senator habe das ursprünglich vom Kulturressort betreute Projekt an sich gerissen, habe sich gegen alle Widerstände in Senat und Verwaltung für die millionenschwere Förderung aus öffentlichen Mitteln eingesetzt und habe im Herbst 2001 – als es um die Rettung des fast fertig gebauten, aber zahlungsunfähigen Hauses ging – seinen Senatskollegen wichtige und für das Land nachteilige Sachverhalte „verschwiegen“, wie Goehler mit Bezug auf die umstrittenen Pachtverträge für die Tempodrom-Nutzer sagte.

Ihre eigene Rolle beschrieben die Grünen-Politikerinnen als die zögernder Skeptikerinnen, die stets kritisch nachgefragt, von Strieder mehr gesicherte Fakten gefordert und Zweifel angemeldet hätten, ob die Millionenhilfe nicht weiteren Förderbedarf nach sich ziehen würde. Am Schluss aber hätten sie aus Loyalität und der Angst vor einer Investitionsruine in der Stadtmitte doch der Rettungsaktion zugestimmt – obwohl sie zugleich eigentlich dagegen gewesen seien, knapp sieben Millionen Euro öffentlichen Geldes in ein privates Projekt zu stecken.

Das wollten den beiden Politikerinnen vor allem die Abgeordneten von SPD und PDS nicht abnehmen. Am kritischsten bohrte der PDS-Haushälter Carl Wechselberg nach, der von Goehler stichhaltige Belege für den Vorwurf forderte, Strieder habe seinen Senatskollegen wichtige Informationen vorenthalten. „Aus der Aktenlage ergibt sich das nicht“, sagte Wechselberg. Die umstrittenen Pachtverträge für das Tempodrom hätten sowohl Goehler wie dem damaligen Justizsenator Wolfgang Wieland von den Grünen vorgelegen. Also hätten beide – entgegen der bisherigen Grünen-Darstellung – prüfen können, ob die Papiere ihren Forderungen entsprechend geändert wurden. Nach einem Wortwechsel mit Wechselberg konstatierte Goehler, sie könne sich nicht mehr erinnern, ob Strieder ihrer Verwaltung die fraglichen Dokumente zukommen ließ oder nicht.

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