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Berlin: Ein Gastwirt, wie er im Buche steht

Fritz Roeder bekellnerte Curd Jürgens, Hans Söhnker und Günter Grass. Heute feiert der Chef des Ausflugsrestaurants Moorlake seinen 80. Geburtstag – und serviert literarische Delikatessen

Der bärtige, freundliche Mensch mit roter Weste und Pudelmütze, der sich im gemütlichen Wirtshaus Moorlake zwischen Berlin und Potsdam so väterlich verständnisvoll um seine Gäste kümmert – das ist er. Der Wirt. Der Senior-Chef. Der „Inbegriff eines Gastwirts“, wie Stammkunden und Gelegenheitswanderer nach dem Besuch des bekannten Ausflugsrestaurants an der Havel meinen. Heute vor 80 Jahren wurde Fritz Roeder mitten in Berlin, am Alex, geboren. Gratulation!

Der gelernte Textilkaufmann schwenkte berufsmäßig nach dem Kriege ins nahrhafte Gewerbe um, arbeitete als Portier oder in Kneipen. Als Kellner in „Pauls Diele“ in der Augsburger Straße bediente er Leute wie Curd Jürgens, Klaus Kammer, Hans Söhnker, den jungen Günter Grass. Diese Menschen verbreiteten die Atmosphäre von Idolen, und dies sollte in Fritz Roeders weiterem Berufsleben noch eine Rolle spielen. Zunächst aber lenkten Fritz und Frau die Versorgung beim Bau des Großmarktes Beusselstraße von einer zugigen Bretterbude aus; es gab Schrippen, Bouletten, Bier und Suppe mit Einlage.

Eines Tages aber, Ende der Sechziger, war plötzlich die Leitung der Kantine vom Schiller-Theater vakant, und nun kam Roeders Sprung ganz nahe an die Bretter, die die Welt bedeuten – zehn Jahre lang sind er und seine Frau Vera die guten Geister im kulinarischen Raum hinter den Kulissen, nun standen andere am Tresen: Carl Raddatz, Horst Bollmann, Otto Sander, Stefan Wigger. „Aus dem täglichen Umgang mit diesen seinen Gästen wurde über Jahre eine anhaltende Beziehung, die auf gegenseitiger Wertschätzung beruhte“, sagt Sohn Matthias Roeder, der Dritte im Bunde der Moorlakiner. Und eines Tages kam, was kommen musste: Regisseur Peter Fischer brachte den Kantinenwirt in Adolf Glaßbrenners Stück „Ne scheene Jejend is det hier“ auf die Bühne und in der Rolle des Gastwirts ganz groß ’raus.

1983 dann stürzte sich die Familie in ein neues, bis heute dauerndes Abenteuer. Sie pachtete das Wirtshaus Moorlake – und hat es wohl nie bereut. Fritz Roeder, der schon als Schuljunge in den Bibliotheken saß und Weltliteratur las, verhäkelte seine Hobbys Theater und Literatur geschickt mit gastwirtlichen Belangen: Erfolgreich serviert man in der Moorlake „Literarische Delikatessen“, das sind ein Drei-Gänge-Menü bei Kerzenschein mit Klaviermusik und prominenten Vorlesern. Gestern war Ralf Wolter angesagt, nächsten Freitag und Samstag liest Stefan Wigger. Und bei all dem mittendrin als die gute Seele vom Buttergeschäft: Fritze Roeder. Sein schönstes Geburtstagsgeschenk sei, sagt er, „dass ich nun 80 geworden bin“. Und der größte Wunsch des Fußball-Fans? Dass Hertha mal wieder gewinnt, is doch klar.

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