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Berlin: Ein Gesicht ohne Namen

Sebastian Koch spielt in der Neufassung vom „fliegenden Klassenzimmer“. Der Film startet heute in den Kinos

Sebastian Koch mag es, wenn er angestarrt wird. Er nimmt das sogar als Kompliment. Etwa im Restaurant, oder auch auf der Straße. Dann sehen ihn die Leute an, mit dem fragenden Ausdruck im Gesicht, der sagt: Den kenne ich doch? Allein, der Name, der fällt ihnen nicht ein. Sonst würden sie womöglich noch nach einem Autogramm fragen. Sebastian Koch findet das völlig in Ordnung, ein Gesicht ohne Namen zu sein: „Das zeigt doch, dass ich meine Arbeit gut mache, und die Leute mich in der jeweiligen Rolle wahrnehmen.“

Seine Arbeit, das ist die Schauspielerei, seine Rollen sind so vielfältig, wie sie nur sein können. Angefangen hat er mit Klassikern wie „Iphigenie“ und „Die Räuber“ im Schiller-Theater, er spielte Andreas Baader im Heinrich Breloers Fernseh-Doku-Drama „Das Todesspiel“, und ab heute kennt ihn Deutschland als Nichtraucher. So heißt seine Rolle in der Kästner-Neuverfilmung vom „fliegenden Klassenzimmer“, die heute in den Kinos startet. Da werden ihn künftig auch Kinder anstarren.

Bei den Dreharbeiten zu Kästner hat er an eigene Erfahrungen anknüpfen können. Bis zu seinem sechsten Lebensjahr hat er in einem Kinderheim gelebt. Allerdings war seine Mutter nicht weit. Sie arbeitete dort als Hauswirtschafterin. Trotzdem hat er, wie die anderen Kinder auch, im Saal geschlafen, „eine sehr glückliche Zeit“, sagt er heute.

In Berlin lebt er seit nunmehr 13 Jahren. Neukölln war seine erste Station. Er kam aus Süddeutschland hierher, nur wenig Geld in der Tasche, weshalb Umzüge zur Tagesordnung gehörten: Richardstraße, Wissmannstraße, Tellstraße – irgendwann hat er es aber nicht mehr ausgehalten. Zerschmetterte Autoscheiben im sozialen Brennpunkt, und die Menschen „so finster, so in sich gekehrt und mit sich beschäftigt.“ Neukölln war ihm zu anstrengend, lange hielt er es dort nicht aus und zog nach Charlottenburg.

Das war zwar praktisch, weil näher dran am Schiller-Theater, aber kaum wohnte er dort, orientierte er sich anders. Weg von der Bühne, hin zum Fernsehen. 1994 steht er für Peter Schulze-Rohrs Justizkrimi „Der Mann mit der Maske“ vor der Kamera. Später gibt er den Fluchthelfer im Zweiteiler „Der Tunnel“ oder spielt Heinrich Mann im Mehrteiler „Die Manns“. Sebastian Koch sagt: „Lieber würde ich mich verschulden, als aus finanziellen Gründen irgendeinen Mist zu spielen“. Zum Star, den jeder kennt, hat es jedoch noch nicht gereicht.

Aber das könnte sich bald ändern, nicht nur wegen des „fliegenden Klassenzimmers“. Sebastian Koch ist für eine Goldene Kamera nominiert, zusammen mit seinen Schauspieler-Kollegen Jürgen Vogel und Oliver Korittke. Der Medienpreis der Programmzeitschrift „Hörzu“ wird am 4. Februar im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt vergeben. Und mitten auf dem Roten Teppich: Sebastian Koch.

Er macht sich schon mal Gedanken, für den Fall der Fälle, was er sagen wird, sollte er die Auszeichnung tatsächlich bekommen. Wem wird er danken, an wen erinnern? Seiner Mutter, seinen Freunden, seine Zeit am Schiller-Theater? Oder wird er an Erich Kästner erinnern?

Mit Kästner verbindet ihn nicht nur seine Rolle im „fliegenden Klassenzimmer“, sondern noch mehr. Texte des Autors wollte er vortragen, vor 20 Jahren, als er sich 20-jährig in München für die Schauspielschule beworben hatte. Er hing sich seine Konzertgitarre um, baute sich vor den Juroren auf, „aber ich bekam sie einfach nicht gestimmt“. Die vertonten Kästner-Texte hat er nicht zu Gehör gebracht. Machte aber nichts. Die Jury hatte ohnehin schon entschieden, ihn aufzunehmen.

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