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Berlin: „Ein gutes Zeichen“

Keine Hassparolen, keine Transparente: Die Kreuzberger hoffen auf ein friedliches Myfest

Keine Transparente, keine Plakate, keine Parolen, kein Demoaufruf – zwei Tage vor dem 1. Mai ist von Aufregung in Kreuzberg nichts zu spüren. Nicht einmal das riesige Transparent hoch über der Oranienstraße, jahrelang Teil der Politfolklore, flattert im Wind. Nur einige Stalin-Fotos werben auf dem Oranienplatz für den Sozialismus. Mehr ist nicht zu sehen. Ein gutes Zeichen, sagen Geschäftsleute. Im Vorjahr noch hatten Autonome Ende April Händler und Boutiquenbesitzer bedroht: „Verpisst euch hier“, stand überall zu lesen. Einige hatten deshalb ihre Schaufenster über den 1. Mai mit Holzplatten gesichert und die Rollos runtergezogen. Drei Demos werden am Donnerstag durch Kreuzberg ziehen, zwei davon durch die Wrangelstraße, vorbei an der neuen Mc-Donald’s-Filiale. Angst vor Krawall spürt man auch beim Hamburger-Brater nicht, man werde wie immer rund um die Uhr auf haben, heißt es.

Die Themen, die die Linke 2008 auf die Straße treibt, sind „nicht so konfliktträchtig“, wie die Aktivisten selbst zugeben. Es geht vor allem um „Mediaspree“, dahinter verbirgt sich die umstrittene Umgestaltung des Spreeufers „für Yuppies“. Vor einem Jahr, da gab es den G8-Gipfel, zuvor konnte man sich am „Myfest“ reiben, das der Bezirk seit 2003 mit Unterstützung der Polizei organisiert. In diesem Jahr hat die Szene ihren Frieden geschlossen mit dem Fest, zu dem zehntausende ab 13 Uhr erwartet werden. Und vor allem hat das linke Kulturhaus „Köpi“ sich kürzlich überraschend mit ihrem Vermieter geeinigt. Wenn jetzt eine Räumung bevorstehen würde, läge das Krawallrisiko viel höher, heißt es bei der Polizei.

Neu ist, dass der Bezirksbürgermeister abends von Arbeitslosen leere Flaschen wegräumen lassen will, damit weniger potenzielle Wurfgeschosse auf der Straße liegen. Die Betrunkenen und die Krawallkids, die in den vergangenen Jahren für einen guten Teil der – kontinuierlich abnehmenden – Randale verantwortlich waren, nehmen, was am schnellsten zur Hand ist. Zur Vorbeugung gehört auch, dass ab Donnerstag 6 Uhr im Kiez ein totales Halteverbot besteht. Am 1. Mai waren immer wieder Autos in Flammen aufgegangen. Seit Anfang des Jahres sind 14 Wagen nachts mit Brandsätzen angezündet worden – im Vorjahreszeitraum waren das mehr als doppelt so viele.

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