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© Mike Wolff

Ein Jahr danach: Flughafen Tempelhof: Erfolgreich geschlossen - aber nicht für alle offen

Ein Jahr nach seiner Schließung ist der Flughafen Tempelhof ein gut gebuchter Veranstaltungsort. Und eine Grünfläche, die längst öffentlich zugänglich sein sollte. Dafür demonstrieren am Wochenende wieder Studenten - und am heutigen Freitagabend protestierten bereits die Schließungsgegner.

Die Demonstranten wärmen sich die Hände über den roten Gedenkkerzen, Kinder halten Flugzeugmodelle in die Höhe, und über allem verflüchtigt sich ein weißer Lichtstrahl am Himmel: Am Freitagabend protestierten die Gegner der Flughafenschließung „Be 4 Tempelhof“. Vor genau einem Jahr hoben offiziell die letzten beiden Maschinen ab, gemeinsam, eine Junkers Ju 52 und der Rosinenbomber DC 3. Nur drei kleine Sichtflug-Maschinen blieben damals noch stehen, sie konnten wegen des Wetters nicht starten. Um null Uhr vier wollen die Demonstranten heute Nacht noch eine Gedenkminute abhalten, da waren vor einem Jahr die Lichter erloschen.

Seitdem sei Tempelhof wegen der weiter laufenden Unterhaltungskosten ein Millionengrab, klagt Initiativensprecher Michael Paul. Deshalb bereite man weiter das neue Weltkulturerbe-Volksbegehren vor. Die Demonstranten verlasen Grußworte von Tempelhof-Fans wie Horst Pillau, Gunter Gabriel, Rik DeLisle sowie von CDU- und FDP-Politikern.

Auch die Kinder der Flughafen-Kita „BuDelKiste“ würden gerne mal wieder einen Hubschrauber oder Zeppelin am Himmel sehen. Ein Jahr nach der Schließung sind aber wiederum andere davon überzeugt, dass Tempelhofs Erfolgsgeschichte mit der Schließung erst neu geschrieben wird, wegen der zahlreichen Veranstaltungen und neuen Mieter.

Eigentlich sollten aber nicht nur Flughafenhalle, Vorfeld und Hangars, sondern auch die riesige Grünfläche schon seit dem Frühjahr zugänglich sein, aber aus Sicherheitsgründen wurde die Öffnung um ein Jahr verschoben. Dagegen protestiert heute wiederum die Initiative „Flughafen für alle“, um 17 Uhr geht es am Hermannplatz los. Die Anhänger hatten im Juni vergeblich versucht, das Gelände zu besetzen. Jetzt fordern sie, nicht nur den Zaun zu schleifen, sondern auch die Planungen für ein neues Wohnviertel am Columbiadamm. „Wir brauchen kein neues Schickimicki-Viertel.“

Bei den Führungen über das frühere Fluggelände gebe es dagegen kaum Unmutsbekundungen, sagt Susanne Muehr vom Veranstalter „Grün Berlin“. Die Bus- und Radtouren seien gefragt, aber selten ausgebucht. Wer Lust hat, kann jeden Samstag um 12 und 14 Uhr für knapp sechs Euro das Flugfeld erkunden.

Im nächsten Jahr soll ein Wettbewerb zur Gestaltung des künftigen Parks beginnen. Dafür sind etwa 62 Millionen Euro eingeplant. Die Öffnung des Geländes soll 800.000 Euro kosten, der laufende Unterhalt jährlich 1,8 Millionen Euro. Petra Rohland von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung spricht von einer „Zwischennutzung“ für mehrere Jahre, bis ein Gesamtkonzept für den Park vorliegt. Nach der Befragung von Anwohnern zeichne sich ab, dass es einen Grillbereich geben wird, ein Hundeauslaufgebiet – wie eine hundefreie Zone.

Sicher ist, dass der Zaun bleibt. Es wird sogar noch mehr Zäune geben, denn die Anlagen der Flugsicherung, die noch ungeschützt auf dem Gelände stehen, werden umfriedet. Geplant sind je zwei Eingänge auf Tempelhofer und Neuköllner Seite. Sie werden bewacht und nachts geschlossen. Das soll verhindern, dass aus den 355 Hektar eine zweite Hasenheide mit Drogendealern wird. Das genau ist die Befürchtung vieler Anwohner.

Die Nachnutzung des Flughafen-Gebäudes läuft indes besser als erwartet. Bis zum Jahresende rechnet die Berliner Immobilien Management (BIM) mit 53 Mietverträgen. „Wir sind überrascht, wie gut der ehemalige Flughafen ankommt“, sagt BIM-Sprecherin Katja Potzies. Neben der Modemesse Bread & Butter als Hauptnutzerin im Januar sind auch die Freestyle-Messe und das Reitturnier für nächsten Herbst schon fest gebucht. Die hohen Betriebskosten für die Gebäude sind wegen steigender Einnahmen von 14 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 11,8 Millionen in diesem Jahr gefallen. In den nächsten Jahren rechnet die BIM mit einem Defizit von noch 8,6 Millionen Euro.

Für die Kita, die seit 15 Jahren Räume in den Arkaden am Ehrenhof nutzt, bringen die Events eher Nachteile. „Die Eltern müssen durch die Einlasskontrollen und finden keine Parkplätze“, ärgert sich Kita-Leiterin Silvia Checka. Bei der Musik-Pyronale sei die Fliegersiedlung mit parkenden Autos verstopft gewesen. Da hätte sie lieber den alten Flugverkehr zurück. Wie die unentwegten Demonstranten Freitagnacht.

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