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Berlin: Ein Knopf? Millionen Knöpfe!

Größer, bunter, unübersichtlicher: Die Funkausstellung beginnt

Es waren wahrscheinlich nicht die Völker der Welt, die am 25.August 1967 auf Berlin schauten – aber doch ein nicht unbedeutender Teil von ihnen. Willy Brandt drückte auf den Knopf, das öffentlich-rechtliche Fernsehen erglühte in lebensnahen Farben und Deutschlands Fernsehvolk durfte sich einen lang gehegten Wunsch erfüllen. Heute, 35 Jahre danach, wird die Internationale Funkausstellung 2003 eröffnet und nicht wenige Branchenkenner fürchten, dass sie ihren Höhepunkt hinter sich habe. Denn statt des einen, wichtigen Knopfes, den jemand stellvertretend für alle Welt drücken könnte, gibt es Millionen Knöpfe; was sie bedeuten, das begreifen viele Laien wohl auch bei intensiver Beratung nicht mehr. Es kommt der flache Fernseher, der dicke geht – das klingt wie eine kurzlebige Botschaft der Pariser Haute Couture. Ja, und? Man stehe ganz im Zeichen der Digitalisierung, heißt es. Doch kann irgendein Laie zutreffend erklären, was genau das ist?

Aus der großen Publikumsmesse ist ein gigantischer, für Laien kaum noch durchschaubarer Elektronikfachmarkt geworden, auf dem die alten Kernthemen und die populären Inszenierungen kaum noch eine Rolle zu spielen scheinen. Die Privatsender haben sich zurückgezogen, ARD und ZDF sparen streng. Und manch anderer Geldausgeber droht schon mit Liebesentzug wie kürzlich Vodafones Deutschland-Chef Jürgen von Kuczkowski.

„Innovationen en masse“ meldet die Messe Berlin in ihrer Vorschau auf die Internationale Funkausstellung, und da steckt das Problem. Denn der Verbraucher könnte geneigt sein, vor lauter Innovationen die Neuigkeiten nicht mehr zu sehen und selbst dringende Anschaffungen in der Hoffnung zurückstellen, dass sich das Durcheinander später lichten werde. Besonders schwer in der Konjunkturflaute haben es Produkte, die schon entwickelt wurden, bevor irgendjemand wusste, ob sie überhaupt irgendjemand haben will. Beispiel: UMTS. Die vorab teuer bezahlte, mit größten Mühen zur Serienreife gebrachte Technik wird eine große Rolle auf der IFA spielen, obwohl es bisher kaum Kunden gibt, die dringlich noch größere Datenberge per Handy durch die Welt funken wollen. Doch an diesem Thema wird sich zeigen, ob die IFA dazu beitragen kann, den Konjunkturmotor wieder ins Laufen zu bringen – oder ob er einfach ungerührt weiterstottert.

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