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Berlin: Ein Mann für alle Fälle

Bei der CDU-Spitzenkandidatur läuft es auf Friedbert Pflüger zu, den Transatlantiker, der als Weizsäckers Redenschreiber nach Berlin kam

Was vernünftige Politiker auf halber Karrierehöhe eben so sagen. „Man darf sich nur nicht einbilden,“ sprach Friedbert Pflüger vor ein paar Jahren, „gleich an der Spitze mitmischen und die Welt verändern zu können.“ Das Zitat gehörte zu einer Ausstellung der Fotografin Herlinde Koelbl, in der sie untersuchte, wie Macht Menschen verändert. Neben allerhand Großkalibern wie Gerhard Schröder oder Joschka Fischer wirkte Pflüger da einigermaßen überbewertet. Der? Macht? Wieso? War das nicht einfach der Ehemann von Frau Professor Doktor Mathiopoulos?

Das ist er seit der Trennung 2003 nur noch formal – umgekehrt hat die Karriere des Friedbert Pflüger seitdem deutlich an Fahrt aufgenommen. Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium, das ist schon was; dass er nun offenbar auch bereitsteht, als Spitzenkandidat der CDU gegen Klaus Wowereit anzutreten, wird ihm in der Partei auch dann hoch angerechnet werden, wenn es mit dem Sieg nicht klappt. Die Welt hat er damit noch nicht verändert, Berlin aber doch schon ein wenig.

Der 50jährige gebürtige Hannoveraner ist ein lupenreiner Berufspolitiker mit fast schon klischeehaftem Werdegang. Mitglied der Jungen Union mit 16, sechs Jahre später Bundesvorsitzender des Rings Christlich Demokratischer Studenten und Vorstandsmitglied der Jungen Union. Studium in Göttingen, Bonn und Harvard, Promotion über „US-Außenpolitik und Menschenrechte“. 1981 ergatterte er das erste kleine Machthebelchen als Redenschreiber und späterer Büroleiter Richard von Weizsäckers in dessen Zeit als Regierender Bürgermeister; danach diente er ihm als Sprecher des Bundespräsidialamts. Die Wahl in den ersten gesamtdeutschen Bundestag 1990 brachte ihn mit der neuen Kollegin Angela Merkel zusammen; beide teilten später die Kritik an Helmut Kohls Verhalten in der Spendenaffäre.

Doch Pflüger beging einen nicht ganz folgenlosen Fehler: Weizsäckers ehemaliger junger Mann, ausgerechnet, setzte sich für Bonn als deutsche Hauptstadt ein. Dies trägt man ihm in den Kungelrunden der Berliner CDU offenbar noch immer nach. Als Weizsäcker ihn jetzt ins Gespräch brachte, mobilisierte sein Name prompt die alten Beißreflexe: Der sei ja gegen Berlin, den wolle man nicht. Dass es nun doch zu klappen scheint, liegt wohl weniger an der Lernfähigkeit der Berliner Partei, sondern eher daran, dass diese Partei die Alternativen, Nicolas Zimmer und Marlies Wanjura, noch weniger mag und einen kundigen Transatlantiker und bekennenden Christen wie Pflüger zumindest vorzeigbar findet.

Es lag nahe, dass der CDU-Mann für alle Fälle das Verteidigungsministerium nicht als Ende seiner Karriere ansehen würde. Den Antrittsbesuch bei der Bundeswehr absolvierte er kürzlich in Hannover, in einer Kaserne, die nicht abgewickelt, sondern ausgebaut werden soll. Harmonisch ging es zu, der Kommandeur war glücklich, und Pflüger mag landesväterliche Aufwallungen gespürt haben. Doch in Hannover ist Christian Wulff Ministerpräsident, gerade 46, und damit vier Jahre jünger. Wulff möchte zwar mal Kanzler werden, doch solange Angela Merkel in diesem Amt erfolgreich ist, führt in Hannover kein Weg an ihm vorbei.

Passieren kann Pflüger indessen wenig in Berlin. Er wird gegen Klaus Wowereit antreten, vermutlich achtbar verlieren, weiter Staatssekretär bleiben – und 2011 mit besseren Chancen erneut antreten. Sofern sich dann nicht im Machtkarussell der Christdemokraten schon längst eine andere, neue Karrierechance aufgetan hat.

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